Ada Sagi wurde dreiundfünfzig Tage lang als Geisel im Gazastreifen festgehalten. An Frieden glaubt die frühere Friedensaktivistin nicht mehr.
Ada Sagi war Zeit ihres erwachsenen Lebens eine Friedensaktivistin. Im Kibbuz Nir Oz, in dem sie seit Jahrzehnten lebte, beteiligte sie sich an Friedensinitiativen und gab Arabischunterricht, um die Kommunikation zwischen den Israelis und ihren Nachbarn zu fördern.
Am Morgen des 7. Oktober 2023 überfielen bis zu hundertfünfzig Hamas-Terroristen aus dem keine drei Kilometer entfernten Gazastreifen den Ort und richteten ein Blutbad an. Nach dem Massaker war fast die Hälfte der etwas über vierhundert Bewohner entweder tot oder in den Gazastreifen verschleppt.
Die unter Asthma leidende Ada Sagi gehörte zu den Verschleppten und erlebte ihren fünfundsiebzigsten Geburtstag als Gefangene im Gazastreifen. Nach dreiundfünfzig Tagen kam sie gemeinsam mit anderen Entführten während einer Feuerpause zwischen der Hamas und Israel im vergangenen Jahr frei. Erst jetzt, nach über einem halben Jahr, sprach sie mit der britischen BBC erstmals öffentlich über ihre Erlebnisse.
Siebzehn Euro für einen Tag Wache
Wie viele andere wurde auch Sagi in verschiedenen privaten Wohnungen (zuletzt in einem Krankenhaus) und nicht in Tunneln oder sonstigen Einrichtungen der Hamas festgehalten. Und wie bei anderen Geiseln auch waren ihre Bewacher »Zivilisten«.
Zuerst wurde sie zusammen mit anderen Geiseln in der Wohnung einer Familie mit Kindern festgehalten, bald danach aber in eine andere in Khan Junis verlegt, die einem Krankenpfleger, der seine Frau und Kinder einstweilen zu Verwandten geschickt hatte, gehörte.
Die Bewachung der Geiseln wurde von weiteren »Zivilisten« erledigt, zum Beispiel von Studenten, die für einen Tag Aufsicht etwas mehr als siebzehn Euro erhielten. »Das ist eine Menge Geld in Gaza, weil sie keine Arbeit haben«, weiß Sagi. »Und wenn man keine Arbeit bei der Hamas hat, gibt es nicht mehr als zwanzig Schekel pro Tag.«
Letzte Station Krankenhaus
Der erste Anlauf zur Freilassung Sagis scheiterte aus ihr unbekannten Gründen. Sie und andere mit ihr Gefangene waren schon zur Grenze nach Ägypten gebracht worden, bevor die Aktion abgeblasen wurde und es wieder zurück nach Khan Junis ging.
Dieses Mal brachte man die alte Frau in das Nasser-Krankenhaus – die nächste »zivile Einrichtung« – in diesem Fall sogar eine vom humanitären Völkerrecht besonders geschützte –, mit lauter »Zivilisten, welche die Bewachung der Geiseln übernahmen«.
Die Leute [dort] sagen, dass sie nicht involviert sind. Sie sind involviert … und bekommen Geld für jeden von uns«, so Sagi. Insgesamt sollen zehn Geiseln im Nasser-Krankenhaus festgehalten worden sein; eine von ihnen soll noch immer verschleppt sein.
Der Krankenhausdirektor bestritt, dass in seinem Haus jemals Geiseln festgehalten worden sein; es habe ausschließlich humanitäre Arbeit geleistet. Nachdem die israelischen Truppen bei der Einnahme des Spitals zweihundert Hamas-Terroristen festnahmen, verbreiteten die Hamas und zahlreiche Medien die Lüge, die Israelis hätten neben dem Krankenhaus ein Massengrab für Hunderte getötete Palästinenser angelegt.
Alles verloren
Ada Sagi musste durch den 7. Oktober 2023 und ihre Verschleppung in den Gazastreifen viel Leid und große Verluste erfahren: »Ich habe mein Zuhause verloren. Ich habe meine Freiheit verloren. (…) Unser Dorf, der Kibbuz, ist zerstört.«
Zerstört wurde aber für die lebenslange Friedensaktivistin auch noch etwas anderes: »Ich glaube nicht an den Frieden, nein. Ich glaube nicht daran, tut mir leid. Ich verstehe, dass die Hamas ihn nicht will.«