Trotz der Bemühungen Ankaras, seine Außenpolitik im Nahen Osten umzugestalten, ging die Normalisierung der Beziehungen zu Kairo bisher langsam voran. Es gibt jedoch Anzeichen für einen unmittelbar bevorstehenden Durchbruch.
Ankara ist es in den letzten Monaten erfolgreich gelungen, in kurzer Zeit Normalisierungsschritte mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Saudi-Arabien und Israel zu vollziehen. Während der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan im Februar Abu Dhabi und Ende April Riad besuchte, war der israelische Staatspräsident Yitzhak Herzog im März in der Türkei zu Gast. Im Mai stattete der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu Israel einen Gegenbesuch ab, was darauf hindeutet, dass die Beziehungen zwischen den beiden Ländern wieder auf Kurs sind.
Die türkische Autorin Pinar Tremblay erklärte in einem Bericht auf der Website Al-Monitor, einerseits sei der Einfluss der Muslimbruderschaft in der Region in den letzten Jahren stark zurückgegangen, andererseits habe das, was nach den Abraham-Abkommen und der Normalisierung der Verhältnisse der Golfstaaten zu Israel als Manifestation einer neuen regionalen Ordnung erschien, zu Ankaras Tendenz zu einer Neuausrichtung seiner Außenpolitik beigetragen.
In ihrem Bericht weist Tremblay darauf hin, dass die Normalisierung der Beziehungen zwischen Ankara und Kairo nur sehr langsam vorankommt.
»Obwohl Ankara große Anstrengungen unternommen hat, um die Aktivitäten der in der Türkei ansässigen Mitglieder der Muslimbruderschaft einzuschränken, ist die ägyptische Seite immer noch nicht begeistert von einer Verbesserung der Beziehungen zur Türkei.«
Der ägyptische Diplomat und (bislang) letzte Botschafter Kairos in der Türkei, Abdel Rahman Salah El-Din, der 2013 abberufen wurde, nachdem Ankara gegen den Sturz des damaligen Präsidenten Mohamed Mursi protestiert hatte, sagte, Kairo warte »immer noch auf konkretere Schritte Ankaras«. Salah El-Din bezeichnete die Bemühungen Ankaras zwar als einen »Schritt in die richtige Richtung«, fügte aber hinzu, sein Land hoffe, die türkische Regierung lasse »ihren positiven Äußerungen weitere Maßnahmen folgen«.
Langsame Annäherung
Die Einstellung der türkischen Unterstützung für die Aktivitäten der Muslimbruderschaft bleibt nach wie vor die wichtigste ägyptische Forderung im Zuge einer Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Daneben stellen die gegensätzlichen Interessen in Libyen und Syrien weitere Hindernisse dar.
In einem im vergangenen Monat veröffentlichten Bericht erklärte die türkische Zeitung Hurriyet, dass die Verbesserung der Beziehungen zwischen Ankara und Kairo »nur langsam vorankommt«. Er fügte hinzu, die Türkei habe mit der ägyptischen Opposition verbundene Medieneinrichtungen geschlossen, während Kairo die Auslieferung von Mitgliedern der Muslimbruderschaft fordere, was Ankara jedoch ablehne. Stattdessen habe die Türkei den Kompromiss vorgeschlagen, die infrage stehenden Personen an ein Drittland auszuliefern.
Diplomatische Quellen in Ägypten sagten schließlich vor einigen Wochen gegenüber der der Muslimbruderschaft nahestehenden Zeitung Al-Araby Al-Jadeed, Ägypten und die Türkei seien nach jahrelanger Entfremdung auf dem Weg, ihre Differenzen beizulegen.
Die Quellen präzisierten, die kürzlich von der Türkei ergriffenen Maßnahmen gegen die ägyptischen Mitglieder der Muslimbruderschaft, die auf türkischem Staatsgebiet leben, hätten die Zustimmung der ägyptischen Behörden gefunden, die diese Frage stets an die Spitze der Liste der Bedingungen für die Wiederherstellung normaler Beziehungen zu Ankara gestellt haben.
Darüber hinaus kündigte der TV-Sender Mekameleen, der im Besitz der Muslimbrüder ist und zuletzt von der Türkei aus sendete, die Verlegung seines Hauptsitzes aus dem türkischen Staatsgebiet an. Im Gegenzug unternahm auch Ägypten einige entgegenkommende Schritte, darunter die Schließung der Websites Turkey Now und Al-Madar, deren Berichterstattungen gegen die Regierung in Ankara gerichtet sind.
Besuch geplant
Neben diesen Entwicklungen ist für Juni ein Besuch des türkischen Finanzministers Nureddin Vebati in Ägypten geplant, was der erste hochrangige Besuch aus Ankara in Kairo seit Jahren wäre. Das türkische Finanzministerium teilte mit, der Finanzminister werde am Gipfeltreffen der Islamischen Entwicklungsbank im Badeort Sharm el-Sheikh teilnehmen und am Rande des Treffens Gespräche mit seinen Amtskollegen führen.
Der Türkeiexperte Zinonas Tzerras erklärte, die Versuche Ankaras, seine Beziehungen zu Kairo zu verbessern, zielten darauf ab, sich an die regionale Ordnung anzupassen, die nach den Abraham-Abkommen zwischen Israel und den Golfstaaten entstanden ist.
Durch die Verbesserung ihrer Beziehungen zu den Ländern des östlichen Mittelmeers versuche die Türkei, das regionale Kooperationsnetz, das aus den sogenannten dreiseitigen Partnerschaften (Zypern, Griechenland, Ägypten sowie Zypern, Griechenland und Israel) und anderen Initiativen wie dem East Mediterranean Gas Forum entstanden sei, zu zerschlagen, so Tzerras. Der ägyptische Politikexperte Tarek Fahmy ergänzte:
»Die Entscheidung, die Normalisierung mit Ägypten abzuschließen, wurde innerhalb der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) wahrscheinlich bereits getroffen. Was bleibt, sind nur noch Details in Bezug auf Zeit, Form und Instrumente, dies auch zu erreichen.«