„Die Türkei begrüßte den Neujahrstag 2019 mit einer weiteren Preissteigerung für Alkoholika um 13,5 Prozent. Eine 0,7-Liter-Flasche Raki, bei Regierungsantritt der AKP für 7 Lira (circa 1 Euro) verkauft, kostet inzwischen 142,50 Lira (circa 23 Euro). Fast 80 Prozent davon gehen als Steuern an den Staat. (…)
Es sind aber nicht die Preiserhöhungen allein. Seit Langem bekämpft die Regierung Alkoholika. 2013 wurde per Gesetzesänderung Werbung für alkoholische Produkte beschränkt und Alkoholausschank nach 22 Uhr verboten. Fernsehserien dürfen Spirituosen nur unscharf zeigen und praktisch nicht erwähnen. (…) Vorreiter der Anti-Alkohol-Kampagne ist natürlich Präsident Erdoğan.
Wird in der Türkei tatsächlich so ausufernd getrunken, dass solche Maßnahmen erforderlich wären? Im Gegenteil. Laut OECD-Bericht ging der Alkoholkonsum von 1980 bis 2010 um 17 Prozent zurück. Mit einem jährlichen Durchschnittskonsum von 2,0 Litern bildet die Türkei gemeinsam mit Aserbaidschan sogar das Schlusslicht der Länder mit geringem Alkoholverbrauch. Aufgrund von Verordnungen, Preissteigerungen und Beschränkungen sank der Konsum weiter. Die Raki-Produktion fiel von etwa 50 Millionen Litern 2010 unter 35 Millionen. Auch die Wein- und Bierproduktion ging zurück.
Den Schaden des nächtlichen Spirituosenverkaufsverbots haben die Einzelhändler, der Schwarzmarkt dagegen blüht auf, und Meldungen von heimischer Raki-Herstellung und Todesfällen durch gepanschten Raki häufen sich. All dies ist Teil der seit zehn Jahren überall zu beobachtenden Kampagne mit dem Ziel, die Türkei konservativer zu machen. (…) Die Türkei tritt in eine neue Ära ein, in der Spirituosenliebhaber ihre Alkoholika zu Hause herstellen und konsumieren. “ (Can Dündar: „Der Bosporus wird trockengelegt“)