Erdogans Glaubwürdigkeit stürzt mit der türkischen Lira ab

Erdogan bei den Feierlichkeiten zum 83. Todestag von Mustafa Kemal Atatürk
Erdogan bei den Feierlichkeiten zum 83. Todestag von Mustafa Kemal Atatürk (© Imago Images / Xinhua)

Der türkische Präsident hat von den Verbrauchern die schlechteste Note seiner politischen Karriere erhalten, da seine umstrittene Wirtschaftspolitik die Inflation weiter anheizen dürfte.

Al-Monitor

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sieht sich angesichts der chaotischen Wirtschaftssituation, die er durch sein Drängen auf niedrigere Zinssätze trotz hoher Inflation und einer frei fallenden Währung geschaffen hat, einem starken Vertrauensverlust in seine Wirtschaftsführung gegenüber.

Das wachsende Misstrauen spiegelt sich im Verbrauchervertrauensindex ebenso wider wie im anhaltenden Ansturm auf harte (Fremd-)Währungen, mit dem die Türken versuchen, den Wert ihrer Vermögen vor der Inflation und dem dramatischen Verfall der türkischen Lira zu schützen.

Der Verbrauchervertrauensindex ist auf den schlechtesten Stand seit dem Jahr 2004 gesunken; dem Zeipunkt seiner Einführung kurz nachdem Erdogans Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) im November 2002 an die Macht gekommen war.

Der Index, der vom türkischen Statistikinstitut in Zusammenarbeit mit der Zentralbank erstellt wird, sank auf 71,1, was laut den am 22. November veröffentlichten Daten einen Rückgang von 7,3% gegenüber dem Vormonat bedeutet.

Dies ist zugleich der niedrigste Wert, den Erdogan in seiner politischen Laufbahn je von den Verbrauchern erhalten hat, und weit entfernt von der Blütezeit in der ersten Hälfte des Jahres 2004, als die Werte noch über 100 lagen.

Der Index, der auf monatlichen Umfragen unter mehr als 4.800 Haushalten basiert, wird in einem Bereich von Null bis 200 gemessen. Ein Ergebnis von unter 100 bedeutet eine pessimistische Einschätzung, während ein Wert von über 100 für Optimismus steht. Je weiter der Index unter die 100er-Marke fällt, desto pessimistischere Einschätzungen reflektiert er.

Der Verbrauchervertrauensindex gilt weithin als Indikator für das Vertrauen in Erdogan, insbesondere in seine Wirtschaftsführung, und damit als wichtiger Indikator für sein politischen Schicksal.

Der Rückgang im November spiegelt eine deutliche Verschlechterung der Einschätzung der Verbraucher – und damit der Wähler –, was ihre persönlichen wirtschaftlichen Aussichten und die des Landes betrifft. Die Umfrage zum Verbrauchervertrauen dient zusammen mit einer ähnlichen Umfrage unter Produzenten als Grundlage für den zusammengesetzten Wirtschaftsvertrauensindex.

Die Flucht aus der türkischen Lira – oder Dollarisierung, sprich: Flucht in den Dollar – ist ein weiteres wichtiges Zeichen für den Vertrauensschwund, der sich in den letzten Tagen noch verstärkt hat.

Erdogan hat sich strikt gegen eine Anhebung der Zinssätze gewehrt, was die gängige Reaktion wäre, um die nationale Währung (Lira) zu stützen, wie es auch andere Länder getan haben, um ihre Währungen angesichts des weltweiten Inflationsanstiegs zu schützen.

Die jährliche Inflation für die türkischen Verbraucher, die durch den Verfall der Lira angeheizt wurde, erreichte im Oktober fast 20%, während die Inflation für die Produzenten auf über 46% anstieg.

(Aus dem Artikel Erdogan’s credibility plunges along with lira, der bei Al-Monitor erschienen ist. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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