„Nach dieser Nacht würde Erdogan wohl jede Abstimmung haushoch gewinnen. Und hatte erseine Macht bereits mit dem Verweis auf die 52 Prozent der Wählerstimmen begründet, wird er künftig eine ganz andere Legimitation haben: Ein Präsident, für den Menschen ihr Leben geopfert haben. Mehr geht nicht. Ein Präsident, der nicht bloß gewählt ist und wieder abgewählt werden kann, sondern der identisch ist mit dem Volkswillen. Eine Ordnung, die nicht nur von Organen der Staatsmacht beschützt wird, sondern auch von sich selbst ermächtigenden Zivilisten. Erdogan ist das Volk, und das Volk ist Erdogan. Und wer gegen ihn ist, der ist Putschist und Volksfeind. Schon in der Vergangenheit hatte Erdogan Kritik, so etwa die Gezi-Proteste, als Putschversuch bewertet. Dass künftig noch jemand protestieren kann, kritisch über ihn berichten oder gegen seinen Willen Recht sprechen kann, erscheint heute kaum mehr vorstellbar.“
(Deniz Yücel: „Für Erdogan ist der Putsch ein Geschenk Allahs“)
Update: „Erdogan für schnelle Beratungen über Todesstrafe“)
„Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat eine harte Gangart gegenüber seinem Erzfeind Fetullah Gülen angekündigt, den er für den gescheiterten Putsch verantwortlich macht. Der Versuch, die Macht an sich zu reißen, sei durch den Willen des Volkes gestoppt worden, sagte er. ‚Wir werden das Virus aus allen staatlichen Institutionen vertreiben‘, betonte Erdogan in Istanbul bei einer Trauerfeier für Opfer des blutigen Umsturzversuchs. Regierungsfeindliche Strukturen hätten sich ‚wie ein Krebsgeschwür im Staat ausgebreitet‘. Er forderte seine Anhänger erneut auf, zur Unterstützung der Regierung auf die Straße zu gehen. Auf erneute Forderungen der Menge nach der Todesstrafe sagte Erdogan: ‚In Demokratien kann man die Forderung des Volkes nicht ignorieren.‘ Er kündigte Beratungen mit der Opposition über eine mögliche Wiedereinführung an. Diese sollten bald erfolgen, sagte Erdogan vor Anhängern in Istanbul.“