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Sechs Monate nach dem Erdbeben: Lage in Türkei und Syrien weiter katastrophal

Die Stadt Jinderes im Nordwesten Syrien sechs Monate nach dem verheerenden Erdbeben im Februar
Die Stadt Jinderes im Nordwesten Syrien sechs Monate nach dem verheerenden Erdbeben im Februar (© Imago Images / NurPhoto)

Auch ein halbes Jahr nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und in Syrien ist die Lage für die Betroffenen noch immer unzumutbar. 

Die anfängliche Welle an Solidarität mit den Betroffenen in den Erdbebengebieten in der Türkei und Syrien ist längst verebbt, die Lage vor Ort dagegen weiterhin für viele der Überlebenden furchtbar: Noch immer müssen Zehntausende in Lagern und Behelfsunterkünften leben. Vor allem in Syrien kam ein Großteil der Hilfe erst gar nicht an, sondern verschwand in den Taschen korrupter Funktionäre des Regimes.

In der türkischen Provinz Hatay, die ganz besonders schwer getroffen wurde, sind fast vierzig Prozent der Bewohner obdachlos geworden: »Nach Angaben der Stadtplanerkammer in Hatay wurden 600.000 Menschen in der Region obdachlos. Viele sind entweder in andere Städte gezogen oder leben in Zelten.« 

Vor den Erdbeben lebten 1,6 Mio. Menschen in der Provinz. Zwar hat »die Regierung Pläne für den Bau neuer Wohnhäuser für die von der Katastrophe Betroffenen angekündigt«, sodass laut Umweltminister Mehmet Özhaseki der Staat 255.000 neue Wohnungen bereitstellen wolle. Wann und ob überhaupt diese neuen Apartments gebaut werden, ist jedoch unklar – und viele Menschen schenken den Beteuerungen der Regierungen ohnehin keinen Glauben mehr.

In düsteren Farben zeichnet auch ein jüngst von der UNO veröffentlichter Report die Lage in den Erdbebengebieten: 

»Sechs Monate nach dem verheerenden Erdbeben, das die Türkei und Syrien erschüttert hat, benötigen Millionen Menschen immer noch Unterstützung, warnten humanitäre Organisationen und NGOs am Sonntag, während die Opfer darum kämpfen, ihr Leben aus den Trümmern wiederaufzubauen. In einem am Samstag veröffentlichten Bericht des Vertreters der Vereinten Nationen in der Türkei heißt es, dass neun Millionen Menschen, darunter mindestens vier Millionen Kinder, in dem Land noch immer dringend Unterstützung benötigen.«

Angewiesen auf Nothilfe 

Schlimmer noch als in der Türkei sieht es auf der syrischen Seite aus, wo vor allem jene Regionen im Nordwesten des Landes betroffen sind, die sich nicht unter der Kontrolle des Assad-Regimes befinden. Dort seien Millionen von Frauen und Kindern ohne lebenswichtige humanitäre Versorgung und laufen Gefahr, den Zugang zu Grundnahrungsmitteln und lebensrettender medizinischer Versorgung zu verlieren, heißt es in einem Bericht das International Rescue Committee (IRC).

Dem IRC zufolge sind im Nordwesten Syriens rund 4,1 Mio. Menschen auf dauerhafte humanitäre Hilfe angewiesen, wobei Frauen und Kinder die Mehrheit bilden. »Mehr als die Hälfte dieser Menschen erhält jeden Monat Hilfe über den grenzüberschreitenden Mechanismus. Die Erdbeben, die sich vor sechs Monaten ereigneten, haben die Situation für diese ohnehin schon gefährdeten Bevölkerungsgruppen noch verschlimmert und die humanitäre Hilfe weiter erschwert.«

Im Juli scheiterte der UN-Sicherheitsrat daran, die wichtige grenzüberschreitende Hilfslinie in den Nordwesten Syriens zu verlängern, nachdem Russland sein Veto eingelegt hatte, wodurch die Zukunft von Millionen von auf Hilfe angewiesenen Einwohnern in diesem Gebiet gefährdet wurde. 

»Das Erdbeben zerstörte die ohnehin schon schwache Infrastruktur, führte zu weiteren Vertreibungen und tötete und verletzte mehr als 13.000 Menschen«, sagte Tanya Evans, IRC-Länderdirektorin in Syrien. »Jetzt, sechs Monate später, müssen sich diese bereits zerstörten Gemeinschaften, anstatt sich um den Wiederaufbau ihres Lebens kümmern zu können, Sorgen machen, woher sie ihre nächste Mahlzeit nehmen sollen, wenn die Resolution des UN-Sicherheitsrats weiter ausbleibt«, fügte sie hinzu.

Syrisches Pfund im freien Fall

Das Regime in Damaskus zeigt indes wenig Interesse an Hilfslieferungen oder gar am Wiederaufbau der verwüsteten Gebiete, da diese nach seiner Lesart unter der Kontrolle von Terroristen stehen. Zudem hat sich trotz der Versuche seitens der Arabischen Liga, die Beziehungen zu Syrien zu normalisieren, die wirtschaftliche Lage im Land weiter verschlechtert.

So fiel das syrische Pfund im Juli auf ein neues Tief gegenüber der US-Währung. Anfang des Jahres kostete ein Dollar 6.500 Pfund, inzwischen sind es bereits 11.000. Und als reiche dies alles nicht, leidet die Region unter einer extremen Hitzewelle, die in Nordsyrien eine Reihe von Feuersbrünsten entfacht hat.

»Syrien war in den letzten Jahren stark vom Klimawandel betroffen. Steigende Temperaturen und unregelmäßige Regenfälle haben zu Waldbränden und Missernten geführt. Staubstürme, Wüstenbildung und Landverluste bedrohen seit Jahren die Lebensgrundlage der Landwirte«, erklärte Suhair Zakkout, Sprecher des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz in Syrien, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. »Die Syrer waren und sind aufgrund der Auswirkungen des mehr als zwölf Jahre andauernden Konflikts bereits besonders verwundbar, was es ihnen noch schwieriger macht, mit den Folgen des Klimawandels umzugehen« so Zakkout.

Artikel zuerst erschienen bei Jungleblog.

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