„Während Präsident Trump bereits amerikanische Truppen aus Syrien abzieht, wird immer wahrscheinlicher, dass dies auch in Afghanistan geschehen wird, sollte ein provisorischer Friedensvertrag mit den Taliban zum Abschluss gebracht werden. Obwohl Trump anfangs behauptete, die Vereinigten Staaten hätten in Syrien gewonnen, ist der eigentlich Antrieb für beide Rückzugsvorhaben ein sowohl von Trump-Unterstützern als auch -Kritikern geteilter Gedanke: Nicht nur gewönnen die USA nicht, sondern sie könnten diese ‚endlosen Kriege‘ auch gar nicht gewinnen, egal wie lange sie ausharrten. (…)
James Dobbins, ein ehemaliger US-Gesandter in Afghanistan und Pakistan, und seine Kollegen bei der RAND-Corporation sind viel näher an Wahrheit dran, wenn sie schreiben: ‚Vielleicht ist gewinnen keine realistische Option, aber verlieren ist es mit Sicherheit. Egal welche vernünftelnde Erklärung man sich zurechtlegt: Ein überstürzter Abzug bedeutet, sich für eine Niederlage zu entscheiden. Das Ergebnis wäre ein Schlag für die amerikanische Glaubwürdigkeit, eine Schwächung der abschreckenden Wirkung amerikanischer Versprechungen an anderen Schauplätzen, eine erhöhte terroristische Bedrohung, die von der afghanischen Region ausgeht, und die Wahrscheinlichkeit, unter schlechteren Bedingungen erst wieder dorthin zurückkehren zu müssen.‘ Der RAND-Bericht bezieht sich auf Afghanistan, aber dieselbe Analyse trifft auch auf Syrien zu.
Sowohl der Islamische Staat, als auch die Taliban sind weit davon entfernt, besiegt worden zu sein. Der Islamische Staat hat zwar fast sein gesamtes ‚Kalifat‘ verloren. Aber Daniel Coats, der Direktor der nationalen Nachrichtendienste, hat gerade eben erst davor gewarnt, dass der IS ‚immer noch Tausende von Kämpfern im Irak und in Syrien befehligt und acht Zweigstellen, mehr als ein Dutzend Netzwerke und Tausende von Kämpfern auf der ganzen Welt unterhält.‘ Noch besser geht es den Taliban: In 44 Prozent der afghanischen Distrikte haben sie die Macht oder kämpfen darum, und sie fügen den afghanischen Sicherheitskräften schwere Verluste zu. (…)
Je länger US-Truppen wo bleiben, umso größer sind die Chancen, dass sie unsere Ziele erreichen. Wenn die USA ihre Truppen abziehen, sind die Folgen in der Regel teuer: sei es die kommunistische Übernahme von Kambodscha, Laos und Südvietnam im Jahr 1975 oder der Aufstieg des Islamischen Staates nach 2011. (…) Die New York Times meldet, dass US-Geheimdienste davor gewarnt haben, dass ‚ein vollständiger Abzug der US-Truppen aus Afghanistan innerhalb von zwei Jahren zu einem Angriff auf die Vereinigten Staaten führen würde‘. (…)
Trump beendet die Kriege in Syrien und Afghanistan nicht, und erst recht gewinnt er sie nicht. Die Versprechen der Taliban, sich friedlich zu verhalten, sind wertlos, und der Islamische Staat macht erst gar keine Versprechen. Wenn Trump US-Truppen abzieht, entscheidet er sich, zu verlieren – und die militärischen Opfer seit 2001 für vergeudet zu erklären.“ (Max Boot: „Why winning and losing are irrelevant in Syria and Afghanistan“)