Erweiterte Suche

Emmanuel Macron in Jerusalem: Die Hintergründe des Eklats

EAPPI-Büro in der Sankt-Anna-Kirche, EAPPI-Aktivisten vor der Sankt-Anna-Kirche
EAPPI-Büro in der Sankt-Anna-Kirche, EAPPI-Aktivisten vor der Sankt-Anna-Kirche (Bilder: Amit Barak)

Der französische Staatspräsident hat israelische Sicherheitskräfte daran gehindert, die Sankt-Anna-Kirche zu betreten. In deren Inneren befindet sich das Hauptquartier einer christlichen Anti-Israel-Organisation.

Am vergangenen Mittwoch besuchte Emmanuel Macron im Rahmen seiner Teilnahme am World Holocaust-Forum 2020 die Sankt-Anna-Kirche im muslimischen Viertel von Jerusalem in der Nähe des Löwentors. Dabei ereignete sich am Eingang der Kirche ein Zwischenfall, als Präsident Macron israelischen Polizisten, die für seine Sicherheit sorgten, den Zutritt zur Kirche verweigerte.

Twitter

Mit dem Laden des Tweets akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Twitter.
Mehr erfahren

Inhalt laden

Nicht autorisierte NGO

Die Sankt-Anna-Kirche ist ein geschäftiger Ort: Viele Pilger und Touristen besuchen die Kirche und den dazugehörigen archäologischen Garten. Aber innerhalb des Geländes gibt es noch ein weiteres Areal, das von einer Mauer umgeben ist – und wenn einer der Touristen es versehentlich zu betreten versucht, springt sofort ein Wächter auf und wirft ihn hinaus.

Warum? Weil es dort etwas zu verbergen gibt. In diesem ummauerten Bereich kann man Diplomatenfahrzeuge und ein Bürogebäude erkennen. Die Freiwilligenorganisation „DMU-Projekt“ (Documenting and Monitoring Unauthorized Activities) fand heraus, dass sich dort das Hauptquartier einer antiisraelischen Organisation aus dem Umfeld der Israelboykottbewegung BDS befindet. Die Aktivisten, die hier unter der Schirmherrschaft der französischen Regierung arbeitet, sind Mitglieder des „Ökumenischen Begleitprogramms in Palästina und Israel“, das unter dem Akronym EAPPI bekannt ist.

Seit 2002 hat diese in Israel nicht als NGO autorisierte Organisation fast zweitausend Aktivistinnen und Aktivisten ausgebildet, die in Israel und der Westbank tätig sind. Die überwiegende Mehrheit dieser von ihnen gibt sich bei der Einreise als harmlose Touristen oder Pilger aus. In Wirklichkeit dokumentieren diese „Touristen“ meist Aktivitäten israelischer Sicherheitskräfte in Judäa, Samaria und Jerusalem. Sie sammeln Informationen, die später auch in Berichte der UNO und der EU gegen Israel einfließen. EAPPI wird von europäischen Regierungen und kirchlichen Organisationen großzügig finanziert.

Auch nach ihrem Aufenthalt in Israel beenden die EAPPI-Aktivisten ihre Arbeit nicht. Nach der Rückkehr in ihre Länder führen sie BDS-Kampagnen und versuchen, Entscheidungsträger zu beeinflussen. Sie kämpfen juristisch gegen Israel, wobei sie auch vor antisemitischer Propaganda nicht zurückschrecken. „Lawfare“ nennt man diese Art der Kriegsführung mit rechtlichen Mitteln.

Anti-Israel-Aktivisten unter französischem Schutz

In den letzten Jahren haben sich die französische Regierung, das französische Außenministerium und insbesondere das französische Generalkonsulat in Israel wiederholt an Aktivitäten gegen den Staat Israel beteiligt.

2014 deckte die Organisation „Jüdische Brigade” auf, dass Anti-Israel-Aktivisten der von Frankreich subventionierten Association France Palestine Solidarité (AFPS) Einladungen des französischen Konsulats nutzen, um unbehelligt nach Israel einzureisen. Die „Jüdische Brigade“ enthüllte eine private Korrespondenz zwischen dem damaligen AFPS-Präsidenten Taoufiq Tahani und anti-israelischen Aktivisten, in der sie über die Verwendung solch offizieller Einladungen des Konsulats zur Einreise nach Israel berieten.

Im März 2018 wurde aufgedeckt, dass Roman Frank, ein französischer Konsulatsangestellter, Waffen aus dem Gaza-Streifen nach Judäa und Samaria schmuggelte, indem er seinen diplomatischen Status nutzte, um unkontrolliert die Grenzen zu passieren.

Im Juli 2019 enthüllte NGO MONITOR, dass das französische Außenministerium über die Association France Palestine Solidarité Gelder an ein Sommerlager in Ost-Jerusalem überwies, das von Daoud Ghoul geleitet wurde, der der „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ (PFLP) angehört und wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation verhaftet und verurteilt worden war. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe wurde Daoud Ghoul abberufen und durch Sara Qaraein ersetzt, die sich freilich ebenfalls als Terrorunterstützerin hervorgetan hat.

Die AFPS umfasst viele Unterorganisationen, die in ganz Frankreich tätig sind und mit einer Reihe von Gemeinden in Frankreich zusammenarbeiten. Im Vorstand der Organisation, die eine der Hauptförderer der Israelboykottbewegung BDS ist, sitzt der stellvertretende Bürgermeister von Nanterre, Hassan Hmani.

Der Präsident der AFPS Bertrand Heilbronn und seine Stellvertreterin Anne Tuaillon nahmen im Oktober an einer Attacke auf einen jüdischen Bauernhof im Jordantal teil. Dutzende von arabischen und israelischen Anarchisten griffen zusammen mit ausländischen Aktivisten den Farmbesitzer und seine Familie körperlich an, und man kann nur spekulieren, wie der Vorfall geendet hätte, wäre die Armee nicht rechtzeitig eingetroffen. Die Frau des AFPS-Präsidenten, die ihn begleitete, wurde zusammen mit anderen Aktivisten bei den Ausschreitungen verhaftet, aber später unter dem Druck ausländischer Botschaften wieder freigelassen.

Die „Christen“ von EAPPI

Am Sonntag vergangener Woche lief ich durch Hebron. Genau genommen nur durch jene drei Prozent von Hebron, in denen Juden Bewegungsfreiheit genießen, während die restlichen 97% des Stadtgebiets nach israelischem Recht für Israelis gesperrt sind, um ihre Sicherheit zu gewährleisten.

In diesen drei Prozent von Hebron kann man auf Araber, Touristen und Diplomaten treffen – und auf ausländische Politaktivisten, die kommen, um jüdische Einwohner und israelische Sicherheitskräfte zu provozieren und zu „überwachen“. So stieß ich auf drei Aktivisten von EAPPI, die IDF-Soldaten vor dem „Beit Hadassah“-Gebäude beobachteten.

Ein kleines Gespräch mit ihnen ergab, dass zwei von ihnen aus Schweden stammen, während der dritte nicht sagen wollte, woher er kommt. Sie erzählten, sie seien über die Kirche zu EAPPI gekommen, seien aber nicht unbedingt Kirchenmitglieder oder religiöse Personen. Einer der beiden Schweden sagte, der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) und dessen Projekt EAPPI seien von Kirchen in Jerusalem um Hilfe angefragt worden, und deshalb seien sie in diesem Land tätig, überwachten, schrieben Berichte und mehr.

Wie EAPPI das Christentum vor Ort benutzt

Im Anschluss an diese Begegnung befragte ich Elias Zarina zu dem, was mir die EAPPI-Aktivisten in Hebron erzählt hatten. Elias ist Sprecher und Mitbegründer der „Jerusalemer Initiative“, einer Organisation, die sich dafür einsetzt, arabischsprachige Christen in Jerusalem der israelischen Gesellschaft näher zu bringen. Er ist Mitglied der griechisch-orthodoxen Kirche und im christlichen Viertel der Jerusalemer Altstadt geboren und aufgewachsen. Seine Schul- und Studienzeit verbrachte er in Bethlehem.

Elias antwortete, dass er EAPPI zwar kenne, da er deren Aktivisten oft in ihren Westen mit dem Logo der Organisation in der Altstadt sehe, mit dem Projekt aber nichts zu tun habe, und betonte die Distanz der Christen vor Ort zu den EAPPI-Aktivisten:

„Abgesehen davon, dass sie in der Altstadt, in den christlichen, muslimischen und jüdischen Vierteln herumlaufen, haben sie keine Verbindung zur arabischsprachigen christlichen Gemeinde in Jerusalem und helfen den Christen, die hier geboren sind und hier leben, in keiner Weise. Ich weiß nicht, ob die Kirchen oder jemand in den Kirchen sie gerufen hat oder nicht, aber am Ende ist es nur Politik, was sie betreiben.

Innerhalb der Kirchen findet man Geistliche, die sie kennen und akzeptieren, aber auch Geistliche, die sie ablehnen. Dabei ist es wichtig zu betonen, dass diejenigen, die sich ihnen entgegenstellen, dies still und leise tun – aus Angst vor pro-palästinensischen Elementen. Eigentlich würde ich erwarten, dass auch EAPPI über diese Angst und ihre Gründe spricht, dass die Aktivisten dagegen vorgehen und sich für die Freiheit aller einsetzen. Das tun sie aber überhaupt nicht.

Der Ökumenische Rat der Kirchen behauptet, auch die orthodoxen Kirchen zu vertreten, aber allzu oft haben sie sich gerade während der orthodoxen christlichen Feiertage an Provokationen gegen Israel beteiligt. Das zeigt ihre Respektlosigkeit und Ignoranz gegenüber den Führern und Aktivisten der Orthodoxie. Sie kommen – wenn Sie überhaupt gläubige Christen sind – normalerweise nicht aus orthodoxen Kirchen, sondern aus progressiven und radikalen Kirchen und kirchlichen Organisationen.

Die EAPPI-Aktivisten benutzen das Christentum und benutzen uns, die Christen und Kirchen vor Ort, um Propaganda gegen Israel zu betreiben und gegen Israel zu agitieren. Damit schaden sie den jüdisch-christlichen Beziehungen hier, und das ist inakzeptabel und unverzeihlich.“

Ausgerechnet den Aktivisten dieser Organisation, die gegen israelische Gesetze verstoßen, Antisemitismus fördern und den jüdisch-christlichen Beziehungen vor Ort schaden, bietet die französische Regierung in der Sankt-Anna-Kirche täglich Unterschlupf. Und ausgerechnet zu dieser Kirche verweigert Macron israelischen Sicherheitskräften den Zutritt und nimmt dafür einen Eklat in Kauf. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!