Die in den Emiraten weit verbreitete Praxis der Verwandtenehen hat eine hohe Häufigkeit von Erbkrankheiten zur Folge.
Das Gesundheitsministerium in Abu Dhabi hat bekanntgegeben, dass in den Vereinigten Arabischen Emiraten ab Januar 2025 alle hochzeitswilligen Paare Gentests im Rahmen eines Screening-Programms durchführen müssen. Dabei sollen 570 Gene untersucht werden, die an der Entstehung von mehr als 800 Krankheiten beteiligt sind. Ziel der verpflichtenden Gentests sei es, mögliche gesundheitliche Risiken bei der Fortpflanzung frühzeitig aufzuzeigen, um so bei der Familienplanung besser informierte Entscheidungen treffen zu können und damit die Häufigkeit von Erbkrankheiten zu verringern.
In einer seit dem Jahr 2022 laufenden Testphase haben sich rund 800 Paare bereits an solchen genetischen Screenings beteiligt. Bei 86 Prozent hätten die Untersuchungen eine unproblematische genetische Kompatibilität der Ehepartner ergeben, bei 14 Prozent hätten die Ergebnisse aber auf mögliche Komplikationen hingewiesen.
Weit verbreitete Verwandtenehe
Hintergrund der Maßnahme ist die in der Bevölkerung der Emirate vergleichsweise hohe Prävalenz genetischer Störungen, die vor allem auf die große Häufigkeit von Verwandtenehen zurückgeführt wird. Rund 39 Prozent aller Ehen sollen zwischen engen Blutsverwandten (Cousins und Cousinen zweiten Grades oder enger bzw. Onkeln und Tanten sowie Neffen und Nichten) geschlossen werden. Bei Kindern, die aus Verwandtenehen hervorgehen, besteht ein je nach Verwandtschaftsgrad teils deutlich erhöhtes Risiko von Erbkrankheiten.
Verwandtenehen finden sich auf der ganzen Welt, sind aber vor allem in der arabischen weit verbreitet. »In vielen arabischen Ländern werden mit 20 bis 50 Prozent aller Eheschließungen weltweit mit am häufigsten Blutsverwandten verheiratet, wobei insbesondere Ehen zwischen Cousin und Cousine ersten Grades mit einer durchschnittlichen Rate von etwa 20 bis 30 Prozent bevorzugt werden«, ist in einem Fachpapier aus dem Jahr 2009 zu lesen.
Allerdings gibt es in der Region teils erhebliche Unterschiede: Die Zahl der Verwandtenehen ist in Jordanien, im Libanon, in Bahrain und unter Palästinensern rückläufig; nach wie vor weit verbreitet sind sie dagegen etwa in Qatar, im Jemen und eben in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Außerhalb der arabischen Welt finden sich auch in der Türkei, in Pakistan und Afghanistan sehr viele Verwandtenehen.