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Was El-Gawhary nicht sehen will: Die Hamas und die Hilfslieferungen

Karim El-Gawhary hält es für eine »unbelegte« Behauptung Israels, dass die Hamas von internationalen Hilfslieferungen profitiert hat. (© imago images/Anadolu Agency)
Karim El-Gawhary hält es für eine »unbelegte« Behauptung Israels, dass die Hamas von internationalen Hilfslieferungen profitiert hat. (© imago images/Anadolu Agency)

Während andere Journalisten darüber berichten, leugnet Karim El-Gawhary das System, mit dem die Hamas jahrelang von Hilfslieferungen profitiert hat.

Seit dem Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober 2023 berichtet Karim El-Gawhary über den Krieg Israels gegen die Hamas, den er regelmäßig so darstellt, als stünde Israels Armee keiner Terrororganisation gegenüber, die sich im Gazastreifen hinter der Zivilbevölkerung versteckt, sondern führe einen erbarmungslosen Krieg gegen »die Palästinenser«.

Seine Berichte im ORF oder in der Presse erwecken den Eindruck, als sei er ganz nahe am Geschehen – obwohl er, wie alle anderen westlichen Journalisten auch, seit mindestens zwei Jahren kein einziges Mal mehr den Gazastreifen besucht hat. Stets hat er Originaltöne eines Ahmeds, eines Mohammeds oder einer Ghada parat, die herzzerreißende Geschichten zu erzählen haben, bei denen letztendlich immer Israel zum Bösewicht stilisiert wird.

Strohmann-Argumente

Für die Hamas und deren Verbrechen – nicht zuletzt an den Palästinensern, für deren Leid sie verantwortlich ist – interessiert sich El-Gawhary nicht im Geringsten und sie kommen in seinen rhetorisch emotionalisierten Berichten (jüngster Titel in der Presse: »Dieses Essen ist in Blut getränkt«) so gut wie nie vor und wenn doch, dann als »unbelegte« Behauptungen Israels, denen er, wie aus dem Kontext ersichtlich wird, keinerlei Glauben schenkt.

Ein besonderer Dorn im Auge sind El-Gawhary in letzter Zeit die Hilfsverteilzentren der Gaza Humanitarian Foundation (GHF), die mit internationaler Unterstützung bemüht ist, unter Umgehung der Hamas den Bewohnern der Küstenenklave direkte Hilfe zukommen zu lassen. Dieser Missstand war gängige Praxis der Terrororganisation, solange die Lieferungen noch über diverse UN-Organisationen abgewickelt wurden; für den Reporter aber bloß eine weitere »unbelegte Behauptung« der Israelis.

So geschrieben auch in einem Presse-Artikel, in dem er sich mit der International Crisis Group (ICG) auf eine NGO berief, die bislang kaum eine islamistische Terrorgruppe weltweit entdeckte, mit der man nicht in »Dialog« treten solle und die sich deshalb seit vielen Jahren auch dafür einsetzt, die Verbrecher-Organisation Hamas aufzuwerten und in die internationale Diplomatie einzubeziehen.

Israel, so El-Gawhary, begründe das neue Hilfsverteilsystem »mit dem Argument, die Hamas daran zu hindern, Hilfslieferungen an sich zu reißen. Laut ICG habe Israel bisher dafür kaum Beweise vorgelegt. Internationale Hilfsorganisationen erklärten immer wieder, Diebstahl durch die Terrororganisation sei zuvor eine vernachlässigbare Größe gewesen.«

El-Gawhary und die ICG bedienen sich hier eines klassischen Strohmann-Arguments, denn der unmittelbare Diebstahl von Hilfsgütern ist nur ein und bei Weitem nicht der wichtigste Bestandteil des Ausbeutersystems, durch das die Hamas sehr wohl von internationalen Hilfslieferungen profitierte und die Bevölkerung unter Kontrolle hielt. Von dieser noch sehr viel mehr umfassenden Strategie der Hamas für ihren Machterhalt dank internationaler Hilfe will El-Gawhary aber wiederum nichts wissen.

Stattdessen versucht er gezielt mit dem Verweis auf »vernachlässigbare« Diebstähle den Eindruck zu erwecken, dieses System sei nur eine weitere »unbewiesene« Behauptung der Israelis, die in Wirklichkeit ganz andere – und selbstverständlich höchst verwerfliche Ziele verfolgen würden.

Wie Journalismus auch aussehen kann

Dumm nur für El-Gawhary, dass sein Sonntagsmärchen nur zwei Tage später von einem ausführlichen Bericht in der Washington Post widerlegt wurde, in dem zu lesen war, wie genau das System des Machterhalt dank Hilfslieferungen funktioniert hat, dessen Existenz El-Gawhary in der Presse und im ORF so beredt verschweigt.

Thema des Artikels war die ernste Notlage, in der sich die Hamas aktuell befindet. Ihre Führung ist dezimiert, ihr militärischer Flügel ebenso und die finanzielle Lage so schlecht, dass ihre eigenen Kämpfer kein Gehalt mehr beziehen. Wie kam es zu dieser Krise?

»Zu Beginn des Kriegs finanzierte sich die Hamas laut Angaben von Bewohnern des Gazastreifens sowie aktuellen und ehemaligen israelischen und ausländischen Beamten aus Steuern auf Handelsgüter und der Beschlagnahmung humanitärer Hilfsgüter. Einem Bewohner zufolge, der an der Grenze gearbeitet hat, führten Hamas-Mitarbeiter in Zivilkleidung regelmäßig Inventuren der Waren am Grenzübergang Rafah durch, bis dieser letztes Jahr geschlossen wurde, sowie am Grenzübergang Kerem Shalom, obwohl dieser unter der Kontrolle der israelischen Streitkräfte stand. Außerdem überprüften sie Lagerhäuser und Märkte.«

Besonders profitiert habe die Hamas von der internationalen »Hilfe, die sie nichts gekostet hatte, deren Preise sie jedoch in die Höhe trieb«. Er habe fast zwei Jahre lang beobachtet,

»wie die Hamas regelmäßig 20.000 Schekel (etwa 6.000 Dollar) von lokalen Händlern eintrieb und ihnen mit der Beschlagnahmung ihrer Lastwagen drohte, wenn sie nicht zahlten. Er erinnerte sich daran, dass Vertreter der Hamas-geführten Regierung ihm mehrmals gedroht hätten, ihn zu töten oder als Kollaborateur Israels zu brandmarken, wenn er sich nicht ihren Forderungen nach Umleitung der Hilfsgüter beuge. Er habe sich geweigert. Er fügte jedoch hinzu, dass er mindestens zwei Fahrer von Hilfsgüter-Lkw kenne, die seiner Aussage nach von der Hamas getötet worden seien, weil sie sich geweigert hätten zu zahlen.«

Im Laufe der Jahre habe die Hamas dank der von ihr de facto besteuerten oder abgezweigten und überteuert verkauften Hilfsgüter Hunderte Millionen eingenommen, wie israelische Quellen gegenüber der Post bestätigten:

»So habe die Hamas beispielsweise mindestens 15 Prozent bestimmter Güter wie Mehl und Hilfsgutscheine beschlagnahmt, die internationale Organisationen für hungernde Bewohner des Gazastreifens vorgesehen hatten. Ein Teil davon sei an Hamas-Mitarbeiter und -Anhänger gegangen und der Rest verkauft worden, um Geld zu verdienen.«

Zynische Doppelstrategie

Laut Ahmed Fouad Alkhatib, einem in den USA lebenden palästinensischem Aktivisten aus dem Gazastreifen, habe die Hamas eine Doppelstrategie verfolgt: Auf der einen Seite habe sie sich auf verschiedene Arten an den Hilfslieferungen bereichert, und auf der anderen voll und ganz auf das Elend der Zivilbevölkerung gesetzt, mit dem sie Druck auf Israel zur Beendigung des Kriegs ausüben wollte.

»›Die Hamas betrachtet Hilfsgüter als ihre wichtigste Währung‹, sagte ein Mann aus Deir al-Balah im Zentrum des Gazastreifens, der bei der Verteilung der Hilfsgüter mitarbeitet. Der Großteil der Bevölkerung muss um Wasser und Lebensmittel kämpfen, während der Hamas nahestehende Personen Kisten mit Hilfsgütern erhalten hätten, die eigentlich für die Verteilung an die breite Bevölkerung bestimmt waren.«

Hohe Einnahmen

Wenn man nicht, wie El-Gawhary, ausschließlich an ein paar O-Tönen für die üblichen anti-israelischen Vorhaltungen interessiert ist, sondern tatsächlich journalistische Arbeit betreibt, bekommt man genau jene Geschichten zu hören, die er partout nicht verbreitet wissen will:

»Ein Geschäftsmann aus Gaza sagte, die Hamas habe auf viele Waren eine Steuer von mindestens zwanzig Prozent erhoben. Die Gruppe würde aber auch die Kontrolle über Lastwagen übernehmen, die stark nachgefragte Waren wie Mehl transportieren, das bis zu dreißig Dollar pro Kilogramm verkauft werden kann, und Treibstoff stehlen, der für Hilfsorganisationen bestimmt ist. Die Treibstofflieferungen haben der Hamas während des Kriegs hohe Einnahmen beschert, da die Gruppe sowohl Steuern auf den Treibstoff erhebt als auch den an Tankstellen gelagerten für den Verkauf beschlagnahmt, sagte ein israelischer Militärbeamter (…).

Die für die Hamas kostenlosen Hilfsgüter waren insofern ein besonders lukratives Geschäft, da die Organisation sie zu überhöhten Preisen weiterverkaufen konnte:

»Neben der Besteuerung von Waren verdiente die Hamas laut Angaben der IDF (…) auch Geld, indem sie ihnen nahestehenden Händlern erlaubte, importierte Grundnahrungsmittel wie Zucker und Mehl zu überhöhten Preisen zu verkaufen, ohne Angst vor Strafen wegen Preisabsprachen haben zu müssen. Ein Wirtschaftsreporter aus Gaza, der aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen anonym bleiben wollte, bestätigte, dass diese Händler Waren zu überhöhten Preisen verkaufen dürfen. Er sagte, die Hamas würde manchmal das Angebot auf dem Markt begrenzen, indem sie Händler anweise, den Vertrieb für mehrere Tage einzustellen, wodurch die Preise in die Höhe getrieben würden.«

Aus Sicht der Hamas ist nur allzu verständlich, warum sie Hilfslieferungen durch die Verteilzentren der GHF als existenzielle Bedrohung betrachtet und deshalb die Rückkehr zur Verteilung durch UN-Organisationen zu einer Bedingung in den Waffenstillstandsverhandlungen erklärt: Sie will das System zurück, von dem sie gelebt hat.

Aber von alledem werden Sie von Karim El-Gawhary im ORF und in der Presse nie etwas zu hören oder zu lesen bekommen. Belege dafür, wie die Hamas zynisch von dem von ihr verursachten Elend der Palästinenser profitierte und dieses für ihren Kampf gegen Israel instrumentalisierte, sind genau jene Informationen, über die ein Herr El-Gawhary niemals berichten würde – erst recht nicht, würden dadurch israelische Behauptungen bestätigt werden und man das israelische Handeln besser nachvollziehen könnte, anstatt dem jüdischen Staat nur finstere Absichten nachzusagen.

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