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Eine blutige Woche im April

Innerhalb einer einzigen Aprilwoche ermordete der terroristische Arm des Islamismus bei den Anschlägen in St. Petersburg, Stockholm und Ägypten 62 Menschen. Längst gehört der Terror auch zum europäischen Alltag. Vereitelte oder vergleichsweise glimpflich ausgegangene Anschläge sind nur mehr Randnotizen lokaler Berichterstattung. Ins Zentrum der öffentlichen Debatte schaffen es nur die spektakulärsten Attentate. Dabei darf ein Satz in keiner Diskussion fehlen: Wir müssen zwischen Islam und Islamismus unterscheiden. „Fein säuberlich“ sogar, wie Markus Lanz einmal in einer seiner Talkshows angemahnt hat. Denn der Islamismus hätte nichts mit dem Islam zu tun. Oder, wie es die Heute-Show formuliert: „Wer Islam mit dem Islamismus gleichsetzt, denkt auch, dass es zwischen Fasching und Faschismus keinen Unterschied gibt.“

Und im gleichen Ausmaß wie der Terror Eingang in den Alltag gefunden hat, verschiebt sich das allgemeine Verständnis des Begriffs Islamismus. Viele denken dabei nur an Terror und Gewalt. So wie der ehemalige ÖVP-Generalsekretär Michael Graff die Latte für die Verstrickung in nationalsozialistische Verbrechen ziemlich hoch legte. So lange nicht bewiesen ist, dass er eigenhändig sechs Juden erwürgt hat, gibt es kein Problem.“, präzisierte Graff 1987 im Zuge der Waldheim-Affäre, wo bei ihm die Probleme anfangen. Doch der Islamismus ist weder zwingend gewalttätig noch ist er „fein säuberlich“ vom Islam abzugrenzen. Er ist nicht etwas gänzlich anderes als der Islam, er ist ein Teil davon. Dem sich freilich nicht alle Muslime anschließen.

Der langjährige ORF-Reporter Friedrich Orter beschreibt in seinem Buch „Aufwachen“, was hierzulande oft verdrängt wird: dass der Islam nicht nur eine Religion im spirituellen Sinn des Wortes ist, sondern zugleich Rechtssystem und Staatsideologie:

„Die wenigsten von uns kennen den Islam als Gesetzesreligion, die das politische, soziale und kulturelle Leben bestimmt: eine Religion, die keine sich selbst verwaltenden Bürgerschaften kennt, eine Glaubenslehre, die die Einheit von Politik und Religion fordert und deren orthodoxe Anhänger den Islam für die einzige religiöse Wahrheit halten und sich auf die 114 Suren des Koran berufen.“

Die westlichen Gesellschaften hegen den Glauben ins Private ein. Deshalb stellt die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte die Religionsfreiheit in eine Reihe mit der Gedanken- und Gewissensfreiheit, beides höchst private Rechte:

„Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion oder seine Weltanschauung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder seine Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen.“ (Art. 18)

In unseren liberal-demokratischen Gesellschaften setzen die Menschen die Regeln für das Zusammenleben. Gläubige mögen nach den Regeln ihres Gottes leben, solange diese nicht mit dem von Menschen gesetzten Recht kollidieren. Gottes Gesetz gilt nur für seine Gläubigen, das Gesetz der Menschen gilt für alle. Erst diese Trennung ermöglicht die Religionsfreiheit des Einzelnen, einschließlich der Freiheit von Religion.

Der Islamismus kennt diese Trennung zwischen dem göttlichen und dem von Menschen verfassten Recht nicht: Er versteht die Scharia als von Gott direkt erlassenes Recht, dessen Gültigkeit sich naturgemäß auf alle Menschen erstreckt, gleich welchen Glaubens. Denn göttliches Recht kann ebenso wenig verhandelbar sein wie Gott selbst. Darum ist der Islamismus mit einer demokratischen, rechtsstaatlich verfassten Gesellschaft nicht vereinbar. Für den Jihadisten ist Allah die Legislative, die Imame sind die Judikative, und die Exekutive ist er selbst. Nach dieser Logik wird die Unterwerfung des säkularen Rechts unter das göttliche zur heiligen Pflicht.

Islamismus ist nicht zwangsläufig gewaltbereit. Islamismus beginnt, wo der Islam beansprucht, die Gesellschaft als Ganzes zu durchdringen und zu steuern. Und dieser Islamismus ist in ganz Europa auf dem Vormarsch.

Nach einer britischen Studie sind 23 Prozent der britischen Muslime der Überzeugung, dass nicht die britischen Gesetze das gesellschaftliche Zusammenleben regeln sollen sondern die Scharia. Fünf Prozent halten Steinigungen bei Ehebruch für gerechtfertigt. Und vier Prozent sympathisieren mit Selbstmordattentätern – hochgerechnet auf die ca. 2,5 Mio. Muslime in Großbritannien sind das 100.000 Sympathisanten. Die Resultate der Studie führten zu einer breiten Integrationsdebatte im Königreich. Rechnete man die britischen Ergebnisse auf die weltweit 1,5 Milliarden Muslime hoch, sympathisierten 60 Millionen mit islamischen Selbstmordattentätern und zögen 345 Millionen die Scharia rechtsstaatlichen Gerichten vor.

Der Studie „Muslime in Österreich“ zufolge wollen 30% der österreichischen Muslime, dass der Islam in der Gesellschaft eine tragende Rolle spielen oder die Rechtsordnung und den Staat dominieren soll. In anderen Worten: mehr als 150.000 österreichische Muslime sympathisieren mit dem Islamismus. Angesichts der Herausforderung der demokratischen Gesellschaften durch den Islamismus erschrecken die Unkenntnis und Naivität, mit der weite Teile des politischen Establishments und der veröffentlichten Meinung darauf reagieren. Der niederländische Schriftsteller Leon de Winter ordnet die Bedrohung weniger entspannt ein:

„Wir haben es mit einem neuen Totalitarismus zu tun. Nein, er ist nicht neu, er ist nur anders. Nach dem linken Faschismus der Sowjets, nach dem rechten Faschismus der Nazis, ist der Islamismus der Faschismus des 21. Jahrhunderts.“

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