Ein paar einfache Regeln

Wenn Tessa Szyszkowitz im profil über den israelisch-palästinensischen Konflikt schreibt, folgt sie einigen wenigen, im Grunde einfachen Regeln, die, zusammen genommen, ein höchst tendenziöses Bild der Lage zeichnen.

Berichtet Szyszkowitz aus den palästinensischen Gebieten, geht es darum, klarzumachen, dass die Schuld am Fortdauern des Konflikts bei den Israelis im Allgemeinen und israelischen Siedlern im Besonderen liegt. Über die Palästinenser fällt kaum ein kritisches Wort. Führt sie Interviews mit Palästinensern, gibt sie deren Propaganda völlig unhinterfragt wieder, so als handle es sich um die unbezweifelbare Wahrheit – selbst wenn ihre Gesprächspartner verurteilte Mörder oder Terroristen der islamistischen Hamas sind (so etwa in profil 47/2011). Dissidente Stimmen, die mit der üblichen palästinensischen Sicht der Dinge nicht übereinstimmen, gibt es nicht.

Berichtet Szyszkowitz dagegen aus Israel, so geht es genauso darum, klarzumachen, dass die Schuld am Fortdauern des Konflikts bei den Israelis im Allgemeinen und „ultraorthodoxen Fanatikern“, der „rechtsextremen Siedlerjugend“ sowie „radikalen russischen Einwanderern“ (profil 2/2012) im Besonderen liegt. Über die Palästinenser fällt kaum ein kritisches Wort. Führt sie Interviews mit Israelis, so sind ihre Gesprächspartner in der Regel Leute, die an Israel kein gutes Haar lassen und für die das Land keine Zukunft hat.

Hier eine Auswahl von Aussagen aus dem aktuellen Interview mit dem Schriftsteller Yoram Kaniuk, das schon programmatisch mit: „Das Judentum ist nicht demokratisch“ betitelt ist: Israel möge wie ein wunderbares Land wirken, aber „das ist eine Illusion“; es sei grundfalsch gewesen, dass „Israel sich als jüdisch demokratischer Staat“ gegründet hat; „Vielleicht sollten wir Juden gar keinen Staat haben. Man kann kein demokratischer jüdischer Staat sein“; die „Lage ist aussichtslos“; „das ist doch alles verrückt“; die Siedler seien „keine Juden mehr, sondern Hooligans“; es sei „eine Farce, was in diesem Land heute vorgeht“ und so weiter und so fort. Leute wie Kaniuk, die einen demokratisch-jüdischen Staat für unmöglich halten –ungeachtet der Tatsache, dass Israel seit über 60 Jahren den Gegenbeweis antritt –, für die im Rückblick schon die Gründung eines demokratisch-jüdischen Staates ein Fehler war und aus denen heute einzig noch Hoffnungslosigkeit spricht, das sind genau die Gesprächspartner, die Szyszkowitz auf israelischer Seite zu Wort kommen lässt; deren Behauptungen gibt sie gerne und unhinterfragt wieder, so als handle es sich um die unbezweifelbare Wahrheit.

Szyszkowitz schreibt andererseits über „religiöse Fanatiker“, die sie allerdings nur auf jüdischer Seite findet. Im Zusammenhang mit der palästinensischen Hamas ist jedenfalls nicht von „religiösen Fanatikern“ die Rede, bedient Szyszkowitz sich keines vergleichbaren Vokabulars. Dass die von ihr so unvorteilhaft dargestellten Ultraorthodoxen in Israel eine Minderheit sind, während die Hamas bei den letzten palästinensischen Wahlen eine Mehrheit erlangen konnte, im Gazastreifen herrscht und in eine palästinensische Einheitsregierung eintreten soll, dieser kleine Unterschied findet sich bei Szyszkowitz nicht. Zwar verschweigt sie nicht, dass ein Großteil der israelischen Gesellschaft den Forderungen der Ultraorthodoxen, etwa nach Geschlechtertrennung in Bussen etc., vehement ablehnend gegenübersteht – woher sollte denn sonst auch der „Kulturkampf“ in Israel kommen, von dem in der Artikelüberschrift die Rede ist? Über das totalitäre System islamistischen Tugendterrors aber, das die Hamas im Gazastreifen umgesetzt hat, wird im profil schon seit Jahren weder von Szyszkowitz noch von einem ihrer Kollegen berichtet.

Aus der Zeit, als Jassir Arafat noch lebte, stammt ein Witz über den Nahostkonflikt: Israelis und Palästinenser sind in Wahrheit völlig gleichberechtigt – beide Seiten dürfen Arafat bejubeln und Israel verdammen. Liest man die Artikel von Szyszkowitz über Israel und die Palästinenser, so muss man den Eindruck gewinnen, dass der Witz Arafat überlebt hat und heute als Journalismus verkauft wird.

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