Inzwischen scheint man diesen Ansatz in Washington für gescheitert zu halten. Zugespitzt gesagt gilt dort nun die Devise: Demokratie und Islam, das funktioniert nicht. Ein Grund für dieses Umdenken ist die türkische Politik selbst: Die ‚gemäßigt muslimische‘ Führung unter Präsident Erdogan erwies sich als immer weniger gemäßigt, immer muslimischer und unterstützte in Syrien radikal fundamentalistische Kräfte – in direktem Widerspruch zur amerikanischen Strategie. Schon lange vor Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump schwenkte Obama um: So unterstützten die Amerikaner das putschende Militär in Kairo, statt dort auf ‚gemäßigte Muslime‘ zu hoffen. Es war eine Rückkehr zur traditionellen US-Nahost-Politik, die mehr Gewicht auf ‚Stabilität‘ legte – und weniger auf ‚Demokratisierung‘. Man arrangierte sich mit Diktatoren, wenn sie prowestlich waren. Die Türkei aber wurde vom Vorbild zum abschreckenden Beispiel. Die Folge ist ein großes Fragezeichen in der Nato selbst. Schon lange werden keine sensiblen Informationen mehr mit Ankara geteilt, da Washington zweifelt, ob auf den traditionellen Partner politisch noch Verlass ist. Das Dilemma: Die Türkei zu verlieren wäre für die USA eine Katastrophe, ihr Agieren in der Nato wird aber auch als Katastrophe gesehen.“ (Boris Kálnoky: „Amerikas großes Dilemma mit der Türkei“)
