312 Abgeordnete von beiden Seiten des Atlantiks appellieren im Vorfeld der Generalversammlung an die UNO, ihre unverhältnismäßige Verurteilung Israels einzustellen.
Lukas Mandl / Daniel Schwammenthal, Newsweek
Vor einigen Jahren, nachdem die Generalversammlung der Vereinten Nationen gerade ihre übliche Litanei an Anti-Israel-Resolutionen verabschiedet hatte, sagte eine verärgerte UN-Übersetzerin versehentlich die Wahrheit zur Welt.
Sie dachte, nur ihre Kollegen könnten sie hören, als sie ins Mikrofon sprach, und sorgte für Gelächter, aber nicht für Verlegenheit unter den Diplomaten, als sie deren Farce entlarvte: „Wenn man insgesamt 10 Resolutionen zu Israel und Palästina verabschiedet, ist das doch ein bisschen viel, oder?“
Hunderte Parlamentarier von beiden Seiten des Atlantiks sind sich einig darin, dass das viel zu viel ist. In einer beispiellosen Initiative, die von den Transatlantic Friends of Israel gestartet wurde, haben parteiübergreifend 312 Abgeordnete des Europäischen Parlaments und nationaler Parlamente der EU-Mitgliedstaaten sowie Großbritanniens, der Schweiz, Norwegens, der USA, Kanadas und Israels die EU-Mitgliedstaaten und andere Demokratien aufgefordert, die systematische Diskriminierung Israels in der UNO zu beenden.
So heißt es in der Erklärung:
„Im Kontext des weltweiten Anstiegs von Antisemitismus ist die unaufhörliche, unverhältnismäßige und ritualisierte Verurteilung des einzigen jüdischen Staates der Welt in der UN besonders gefährlich und muss endlich beendet werden. Natürlich sollte auch Israel kritisch untersucht werden, wie jeder andere Mitgliedstaat. Allerdings verdient Israel auch Gleichbehandlung – nicht mehr und nicht weniger.“
Im vergangenen Jahr beispielsweise hat die UN-Generalversammlung 17 einseitige Resolutionen wegen Menschenrechtsverletzungen gegen Israel und nur sechs gegen einen der anderen 192 Mitgliedsstaaten verabschiedet. Die 76. Sitzung der UN-Generalversammlung, die morgen beginnt, wird aller Wahrscheinlichkeit nach eine ähnlich beschämende Bilanz aufweisen.
Leider ist die Voreingenommenheit gegen Israel nicht auf die Generalversammlung beschränkt, sondern zieht sich durch viele UN-Gremien und -Agenturen; und ist nirgendwo so manifest wie im UN-Menschenrechtsrat. Die in Genf ansässige Organisation sieht nur für einen einzigen Staat – Israel – einen separaten, eigenständigen Tagesordnungspunkt vor. Folglich konzentrieren sich nur absurd zu nennende 21 Prozent der Resolutionen ausschließlich auf den einzigen jüdischen Staat der Welt.
Zu nennen wäre aber auch der Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen, der im September vergangenen Jahre Israel als einziges Land der Welt wegen angeblicher Verletzung der Frauenrechte verurteilte.
Sogar rein wissenschaftliche Organisationen wie die UN-Weltgesundheitsorganisation – in denen die Politisierung buchstäblich Leben kosten kann – sind mit dem Anti-Israel-Virus infiziert. Erst im Mai dieses Jahres, mitten in der COVID-19-Krise, verurteilte die WHO Israel als einen Verletzer der Gesundheitsrechte der Palästinenser: die einzige länderspezifische Diskussion während ihrer gesamten Jahresversammlung.
Aber Israel ist nicht das einzige Opfer dieser unerbittlichen Doppelmoral. Der Ruf der UNO selbst wird dadurch stark geschädigt – ebenso wie die vielen wirklichen Opfer schwerer Menschenrechtsverletzungen auf der ganzen Welt. Sie werden viel zu oft vernachlässigt, während die UNO mit ihrer Anti-Israel-Besessenheit beschäftigt ist.
„Durch die Verletzung ihrer eigenen Ziele und Grundsätze, die die Organisation dazu verpflichten ‚freundschaftliche Beziehungen zwischen Staaten zu entwickeln‘ und das ‚Prinzip der souveränen Gleichheit aller ihrer Mitglieder‘ zu fördern, untergräbt die UN ihre Glaubwürdigkeit und verliert Unterstützung in der Öffentlichkeit.
Hinzu kommt, dass die UN drängenden internationalen Krisen die begrenzten Mittel und Aufmerksamkeit entzieht, indem sie sich unverhältnismäßig stark auf Israel konzentriert.“
Oder, wie es die Übersetzerin mit dem offenen Mikrofon noch unverblümter ausdrückte: „Es gibt noch andere wirklich schlimme Dinge, aber niemand spricht über sie.“
(Aus dem Artikel „Can the UN Finally Cease Its Relentless Anti-Israel Bias?“, der in Newsweek erschienen ist. Übersetzung von Alexander Gruber.)