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Von Israel unterschätzt: Aufbau einer professionellen Armee der Hamas

Von Israel unterschätzt baute die Hamas ihren militärischen Flügel zu einer professionellen Armee aus
Von Israel unterschätzt baute die Hamas ihren militärischen Flügel zu einer professionellen Armee aus (© Imago Images / APAimages)

Während Israel die Absichten der Hamas und die Qualität ihres militärischen Flügels im Vergleich zur Hisbollah unterschätzte, organisierte sich die Terrorgruppe im Gazastreifen wie eine professionelle Armee.

Neben Dokumenten, die ein Hamas-Regelwerk belegen, nach dem die Terrororganisation im Gazastreifen aufgebaut war und das zeigt, wie etwa gegen LGTBQ-Personen vorgegangen oder Kinder systematisch zu Judenhass erzogen wurden, konnten die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) und die Nachrichtendienste im Zuge ihrer Bodenoffensive auch Ausrüstungsgegenstände wie Waffen aus Russland, Nordkorea, Iran, Ägypten, Libyen und anderen Staaten sicherstellen, wie Amit Bohbot in einer Reportage für die Jerusalem Post nachwies.

Belegt sind auch deren Beschaffungs- und Unterstützungswege. Zu den entdeckten Gegenständen zählen über hundertfünfzig Pick-up und mehr als dreihundertfünfzig chinesische Motorräder, die durch die Tunnel unter dem Philadelphi-Korridor von Ägypten nach Gaza geschmuggelt und von über viertausend Terroristen von fünfundsiebzig Infiltrationspunkten aus genutzt wurden, um am 7. Oktober letzten Jahres Siedlungen und militärische Außenposten im Süden Israels anzugreifen.

Dem militärischen Geheimdienst gelang es im Zuge seiner Ermittlungen auch, Pläne der Hamas mit den Dokumenten und Waffen in Verbindung zu bringen, die nach dem 7. Oktober auf israelischem und während der Bodenoperation auf palästinensischem Gebiet gefunden wurden. Die militärische Ausrüstung unterstützt die Spekulation, dass seitens der Hamas die operative Idee einer längeren Präsenz im israelischen Hoheitsgebiet bestand. Auch wurde medizinische Ausrüstung, spezielle Gewehre für Spezialeinheiten und andere für die Hamas-Streitkräfte und ausgesuchte Waffen für die Amputation von Gliedmaßen wie Bajonette oder Macheten beschlagnahmt.

Weiters wurden Dokumente getöteter Terroristen sichergestellt, darunter israelische Arbeitsgenehmigungen und Karten von Siedlungen und IDF-Stützpunkten, auf denen wichtige Standorte von Büros hochrangiger Beamter, Waffenkammern, Kliniken und vieles mehr eingezeichnet waren. Die auffälligste ist jene des Luftwaffenstützpunkts Tel Nof, auf der die Stützpunkte der Geschwader, die Büros der Kommandanten und die nahegelegenen Kibbuzim wie Nahal Oz und Be’eri inklusive der Lage der Speisesäle markiert waren, in denen die Terroristen ursprünglich die meisten Geiseln unterbringen wollten, bevor sie diese nach Gaza brachten. Diese präzisen Informationen deuten auf eine systematische und professionelle nachrichtendienstliche Erfassung durch die Hamas hin.

Religiös legitimierte Gewalt

Bei manchem toten Terroristen wurde ein hebräischer Sprachführer gefunden, um während des Überfalls mit Zivilisten und Soldaten kommunizieren zu können, darunter Befehle wie »Zieht eure Kleider aus«, »Zieht eure Hosen aus«, »Kinder hier und Frauen dorthin«.

Die Quellen verweisen auch darauf, dass die Hamas in ihren Büchern, Pamphleten, Reden und Regelwerken systematisch religiöse Rechtfertigungen für die brutalen Handlungen anführte, indem sie Koranverse und Fatwas verwendete, darunter Entscheidungen über die Erlaubnis zu Verstümmelungen und Amputationen. Dabei wurde festgestellt, dass Bataillonskommandeure die offizielle Erlaubnis hatten, Fatwas unter dem Titel eines Scheichs zu verfassen, um ihre Aktionen gegen israelische Zivilisten und Soldaten zu rechtfertigen.

Diese Versuche, den Terroristen klarzumachen, dass es keinen Widerspruch zwischen den Befehlen zu Gewalt und Grausamkeit und den Regeln des Islams gebe, können erklären, warum die Hamas während des Angriffs am 7. Oktober jeden tötete, der sich ihr in den Weg stellte, selbst muslimische bzw. beduinische Israelis, die von der Hamas als »Kollaborateure« bezeichnet wurden, oder thailändische Arbeiter, die als »Ungläubige« abgestempelt wurden.

In der Kleidung des Befehlshabers des Überfalls auf Sderot wurde zum Beispiel eine handschriftliche Notiz darüber gefunden, dass die Seelen der Hamas-Mörder laut Koran in den Himmel aufsteigen und im Gegenzug für ihre sadistischen Handlungen inklusive Folter gegen Soldaten und Zivilisten im Paradies willkommen geheißen würden. Zu den Beweisstücken zählt auch Literatur, die von einem der Gründer der Terrororganisation Al-Qaida, Abdullah Azzam, beeinflusst ist und das Töten der Feinde als Reinigung der eigenen Seele definiert.

Angst säen

Eine weitere systematische Maßnahme, die bei der Analyse der in den palästinensischen und israelischen Gebieten gesammelten Informationen zutage trat, war die Sammlung und öffentliche Dokumentation von Kampfdaten durch die Hamas, die nicht nur der militärischen Aufklärung und der operativen Genauigkeit diente, sondern auch dazu, der israelischen Seite Angst einzujagen, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die IDF und die staatlichen Institutionen zu untergraben und ein Gefühl von Chaos und Unsicherheit zu schaffen.

Zu den angewendeten Techniken gehören der Abdruck blutbeschmierter Händen an den Wänden der Häuser von Geiseln und Opfern sowie das Hinterlassen von Notizen und Graffiti mit der Drohung, die Terroristen würden »nächstes Jahr wiederkommen«.

Die systematische Sammlung und Dokumentation der eigenen Gewalt erklärt, warum alle Nukhba-Kämpfer mit GoPro-Kameras auf dem Kopf ausgerüstet waren. »Die Hamas wollte, dass die Gräueltaten und die Verbreitung von Angst im Gedächtnis der Israelis bleiben. Falls es nicht klar ist: Am 7. Oktober und in den Wochen danach fürchteten die israelischen Bürger, dass Terroristen in ihre Häuser kommen würden, weil sie die Videos gesehen hatten. Der Zweck der Dokumentation der Videos war es, solch eine psychologische Wirkung zu erzielen. Sie haben dafür viel gelernt, geübt und sich bemüht«, erklärte eine Sicherheitsquelle gegenüber der Nachrichtenplattform Walla.

Die Bemühungen zur präventiven Sammlung geheim- und nachrichtendienstlicher Informationen, wie sie für die Jahre vor dem Massaker zu beobachten waren, umfassten seitens der Hamas einen systematischen Prozess, der nicht nur einer militärischen Doktrin folgte, sondern auch professionelle Ausbildung und die Beschaffung fortschrittlicher Ausrüstung umfassten, ähnlich wie bei Eliteeinheiten der US-Armee und den IDF. Während Israel die Absichten der Hamas und die Qualität ihres militärischen Flügels im Vergleich zur Qualität etwa der Hisbollah-Kämpfer unterschätzte, organisierte sich die Terrorgruppe im Gazastreifen wie eine professionelle Armee.

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