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Wenn im Irak die Regenbogenflagge weht …

„Wie groß die Zahl der LGBT-Menschen in der kurdischen Region ist, lässt sich schwer sagen, da die meisten ihre sexuelle Identität verbergen und sie von keiner Organisation vertreten werden. Sie sind regelmäßigen Beleidigungen und Übergriffen durch ihre Familien, Freunde und die Gesellschaft im Allgemeinen ausgesetzt. Dem irakischen und kurdischen Gesetz nach stellen homosexuelle Kontakte streng genommen eine ‚illegale Handlung’ dar.

‚Weil die Quelle unserer Gesetze in Kurdistan und im Irak die Scharia ist, gilt Homosexualität als gesetzeswidrig und unislamisch, und wird daher als ein Verbrechen eingestuft’, erklärte der Rechtsanwalt Hama Rashid von der Women’s Legal Assistance Organization einem kurdischen Fernsehsender gegenüber. ‚Das Phänomen [der Homosexualität] gibt es in Kurdistan, aber es ist verborgen. … Unter Jugendlichen und auch unter verheirateten Paaren ist es weit verbreitet.’

Am 1. Juni ergriff das US-amerikanische Generalkonsulat in Erbil für die Rechte der LGBT-Menschen Partei und hisste aus Anlass des Pride-Monats am Konsulat die Regenbogenflagge. Die Wirkung war enorm. Hunderte kurdisch- und englischsprachige Kommentare wurden auf der Website des Konsulats gepostet. So entstand eine lebhafte Debatte. Viele verfluchten die Amerikaner, die LGBT-Menschen und die kurdische Regierung und argumentierten, Homosexualität sei der kurdischen Kultur fremd. (…)

‚LGBT-Menschen sind oft Beleidigungen und Übergriffen ihrer Familien und inoffizieller Agenten ausgesetzt,’ warnte der Human Rights Report des US-amerikanischen Außenministeriums für 2016 mit Blick auf den Irak. ‚Neben gezielter Gewalt sind LGBT-Menschen auch in Gefahr, Ehrenverbrechen zum Opfer zu fallen, da ihr Verhalten sich nicht in die traditionellen Genderrollen fügt.’

Seit der US-amerikanischen Eroberung des Irak 2003 sind zahlreiche LGBT-Menschen von Bürgerwehrlern und Milizen angegriffen und manche sogar ermordet worden, während die irakische Regierung einfach weggeschaut hat. Zwischen 1991 und 2003 wurden rund 3000 Menschen von den Sicherheitskräften Saddam Husseins gefoltert, weil sie ihre Sexualität ausgelebt hatten. Menschenrechtsorganisationen haben die Regierung wiederholt dazu aufgerufen, ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen und die Schmähungen und Übergriffe gegen LGBT-Menschen zu unterbinden.

Das Menschenrechtskomitee der UNO, das die amtliche Einhaltung des International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) überwacht, dem der Irak beigetreten ist, erklärte 2015 in einem Bericht: ‚Die Gewalt und Diskriminierung gegen LGBT-Menschen im Irak nimmt weiterhin munter zu und den Opfern steht praktisch keinerlei Schutz oder Möglichkeit der Abhilfe zur Verfügung. Die Regierung des Irak hat ihre Verpflichtungen im Rahmen des ICCPR nicht erfüllt und keine angemessenen Maßnahmen ergriffen, um die darin anerkannten Rechte durchzusetzen, Verletzungen dieser Rechte effizient zu ahnden und eine systemische Straffreiheit auszuschließen.’

Lange bevor der Islamische Staat Männer wegen homosexueller Handlungen von Hochhäusern zu werfen begann, wurde schwule Männer umgebracht. Mitunter wurden sie von Milizen mit dem Segen der Zentralregierung in Bagdad oder einzelner Regierungsbeamter geköpft, oder ihre Genitalien wurden ihnen abgeschnitten oder verleimt.“ (Fazel Hawramy: „LGBT community struggles for recognition, rights in Iraqi Kurdistan“)

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