Das ist der erste einer Reihe von Artikeln, die sich mit dem schweren Schicksal der jüdischen Flüchtlinge aus arabischen Staaten und der Ignoranz ihnen gegenüber beschäftigt.
Um diese jüdischen Flüchtlinge kümmerte sich keine UN-Organisation und auch sonst sind sie kaum ein Thema der Politik. Die Verfolgung der Juden begann allerdings bereits mit der Eroberung und Kolonisierung des Nahen Ostens durch den Islam Jahrhunderte vor der Errichtung des Staates Israel. Das Judenbild im Islam werden wir vor der Beschreibung der Situation in den einzelnen Ländern kritisch betrachten.
Etwa 600.000 arabische Flüchtlinge[1] verließen im Jahr 1948 das neu gegründete Israel, teilweise auf Aufforderung ihrer Führung, teilweise aufgrund von militärischen Anweisungen Israels wie in Lod und Ramle. Etwa 850.000 Juden flüchteten von 1948 an im Lauf der Jahre und Jahrzehnte aus arabischen Ländern, 650.000 nach Israel, 200.000 nach europäischen Staaten wie Frankreich.[2]
Bei der Unterstützung der arabischen Flüchtlinge gingen die Vereinten Nationen weit über die Regeln der 1950 gegründeten Flüchtlingsagentur der Vereinten Nationen unter dem Dach des United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR)[3] in vergleichbaren Fällen hinaus. Diese Prinzipien der UNHCR sollen das Asylrecht sichern und die Integration der Flüchtlinge in den jeweiligen Aufenthaltsländern fördern.
Nahezu zeitgleich mit dem Israelischen Unabhängigkeitskrieg 1948 war es beginnend im Jahr 1947 zu einem Bevölkerungsaustausch zwischen Indien und Pakistan gekommen, der zu einer Integration der rund 10 Millionen Flüchtlinge in den jeweiligen neuen Aufenthaltsländern geführt hatte, sodass es dort keine bis heute absichtlich aufrechterhaltenes »Flüchtlingsproblem« gibt.
Eigene UN-Organisation für Palästinenser
Für die arabischen Flüchtlinge wurde eine eigene Organisation, die United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East (UNRWA) geschaffen, die im Mai 1950 ihre Arbeit aufnahm.
Wie die Palestine Liberation Organization (PLO) rückblickend feststellte, war von Anfang an intendiert, die 1948 Relozierten in ihrem Flüchtlingsstatus zu belassen, um damit die »palästinensische Identität zu stärken«.[4] So wird das Asylrecht in den Aufnahmeländern nicht berücksichtigt, im Gegenteil: Ausgenommen von Jordanien hatten die Flüchtlinge in keinem anderen arabischen Land die Möglichkeit, die Staatsbürgerschaft zu erwerben.
Die UNWRA betreibt 58 Flüchtlingslager im Libanon, in Syrien, Jordanien, Gaza, dem Westjordanland und Jerusalem. 95 Prozent des ihres Budgets werden durch insgesamt 116 Geberländer aufgebracht, wobei die USA das größtes Geberland sind, gefolgt von der EU, wo wiederum Deutschland führend ist.[5]
Im Laufe der Jahre dehnte die UNWRA ihre Sozialleistungen generell auf alle bedürftigen Palästinenser aus, der Flüchtlingsstaus wiederum wird von Generation zu Generation vererbt, was einzigartig ist. Während damit laut UNWRA-Definition die Zahl der Flüchtlinge am 31. Dezember 2020 über 5,7 Mio betrug, würde sie gemäß UNHCR-Definition nur noch einige zehntausend aus dem Jahr 1948 umfassen. Die UNWRA führt in ihrer Statistik jedoch auch arabische Flüchtlinge an, die längst nicht mehr in Flüchtlingslagern leben und etwa nach Europa ausgewandert sind. Die Lager selbst ähneln inzwischen Kleinstädten mit drei- bis vierstöckigen Häusern.
Von Anfang an verbreitete die UNWRA die Ideologie des »Rückkehrrechts«, die sich nicht auf UN-Resolutionen stützen kann. Die in diesem Zusammenhang stets angeführte und am 11. Dezember 1948 verabschiedete Resolution 194 der UN-Generalversammlung beinhaltete eine Rückkehrmöglichkeit unter der Voraussetzung, dass Rückkehrer »in Frieden« mit ihren Nachbarn leben würden. Die revanchistische Propaganda der palästinensischen Organisationen wie weitgehend auch das lokale Personal, etwa die Lehrer, bewerben dagegen den Kampf gegen Israel und versuchen, diesen zu befeuern.
Anmerkungen:
- Laut israelischen Berechnungen waren es 520.000, die UN sprach von 726.000, die Engländer von 810.000 und die Palästinenser von einer Million.
- Maurice Roumani: The Jews from Arab Countries. A Neglected Issue. Tel Aviv 1983, S. 2.
- Vgl. Alex Feuerherdt / Florian Markl: Die Vereinten Nationen gegen Israel, Leipzig 2018.
- Palestinian Liberation Organization (Department of Refugee Affairs): The Palestinian Refugees Factfiles, Ramallah 2000, S. 22.
- David Bedein: Roadblock to Peace, Jerusalem 2014, S. 9.
In der Reihe erschienen:
Die »jüdische Nakba« (Teil 1): Die Vertreibung Avon 850.00 Menschen wird verschwiegen
Die »jüdische Nakba« (Teil 2): Geschichte der muslimischen Judenfeindschaft
Die »jüdische Nakba« (Teil 3): Die Vertreibung aus Ägypten
Die »jüdische Nakba« (Teil 4): Das Ende der jüdischen Gemeinde im Irak
Die »jüdische Nakba« (Teil 5): Das Verschwinden der jüdischen Gemeinde in Marokko
Die »jüdische Nakba« (Teil 6): Der Libanon, Syrien und die Ritualmordlegende zwischen 1840 und heute
Die »jüdische Nakba« (Teil 7): Die Juden des Jemen
Die »jüdische Nakba« (Teil 8): Die Flucht der Juden aus Algerien, Tunesien und Libyen
Die »jüdische Nakba« (Teil 9): Die Verfolgung der Juden im Iran
Die »jüdische Nakba« (Teil 10): Abschließende Zusammenfassung