Die „Jerusalemer Erklärung“: eine verschlimmbesserte Antisemitismus-Definition

Die „Jerusalemer Erklärung“ legt eine Definition von Antisemitismus vor, die Israelhassern einen weitgehenden Persilschein ausstellt. (© imago images/BE&W)
Die „Jerusalemer Erklärung“ legt eine Definition von Antisemitismus vor, die Israelhassern einen weitgehenden Persilschein ausstellt. (© imago images/BE&W)

Die „Jerusalemer Erklärung“ will Antisemitismus genauer definieren – und spricht damit vor allem Israelhasser frei.

Thomas Wessel, ruhrbarone.de

Als säßen Staatshäupter beisammen, beginnt ihre „Jerusalemer Erklärung“ mit – darüber hat sich Jürgen Kaube in der FAZ amüsiert – einer „Präambel“ und ruft eine Ahnengalerie auf, die mit der Erklärung der Menschenrechte anhebt. Später dann vergewissern sie allen Ernstes, dass es sich bei ihrem Text um eine nicht rechtsverbindliche Erklärung“ handele. Als hätten sie sich – Jerusalem-Syndrom – ausdauernd selber befragt, ob nicht der eine oder die andere vielleicht doch Mose sei oder Petrus oder sonst ein Gesetzgeber.

Ihre Jerusalemer Intention: Sie wollen die Antisemitismus-Definition der IHRA „verbessern“. Die International Holocaust Remembrance Alliance (…) hatte 2016 eine Definition von Antisemitismus verabschiedet, die inzwischen weltweit verbreitet ist und in Deutschland von so relativ verschiedenen Organisationen wie Bundestag, Hochschulrektorenkonferenz und VfL Bochum gelesen, verstanden und übernommen worden ist.

Diese Definition, erklären die 200 Erklärer jetzt, sei „in wesentlichen Punkten unklar“ und „weithin offen für unterschiedliche Interpretationen“. Das wiederum habe „Kontroversen ausgelöst, wodurch der Kampf gegen Antisemitismus geschwächt“ worden sei.

Nun ist es ja so, dass Kontroversen früher einmal nicht als Schwäche, sondern als Stärke des Erkennens galten. Erst im letzten Jahr hat die Mbembe-Debatte das ganz gut bestätigt. Sie war heftig, mühsam, erhellend, die IHRA-Definition hat diese Debatte nicht „geschwächt“, sondern ermöglicht.

Eben das scheint das Problem zu sein, dass die Jerusalem-Erklärer jetzt haben: Die IHRA-Definition, klagen sie, ermögliche Kontroversen nur deshalb, weil sie „übermäßig“ auf den Staat Israel fokussiere. Von Israel, klagen sie, handelten 7 der 11 dort angeführten Beispiele.

Darauf reagieren sie, indem sie 10 von 10 ihrer Beispiele auf Israel münzen. Was nun aber keinesfalls „übermäßig“ sei, sondern einem „weit verbreiteten Bedürfnis“ entspreche. Wonach? Nach Klarheit darüber, wie über den Staat Israel geredet und was gegen ihn getan werden dürfe, was „legitim“ sei und was nicht und wo da „Grenzen“ seien. (…)

Micha Brumlik kürzt das denn auch gleich einmal aufs Wesentliche zurecht: „Jetzt ist klarer, dass BDS, also eine Organisation, die vom Deutschen Bundestag im Mai 2019 pauschal für antisemitisch erklärt wurde, dieses nicht ist.“

Das werden wir ab jetzt so oder ähnlich Tag für Tag hören, es sind 200 Signateure, beim DLF werden sie Überstunden machen.

(Aus dem Artikel „Jerusalemer Erklärung: Antisemitismus definieren, dann BDS hofieren“, der auf ruhrbarone.de erschienen ist.)

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