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»Die Hoffnung wird stärker als die Angst sein«

Simon Shirzad im Mena-Talk: »Die Hoffnung wird stärker als die Angst sein«

Im Mena-Talk mit Jasmin Arémi spricht der Influencer und Aktivist Simon Shirzad über Hoffnung, Mut und Aufbruch im Iran.

Simon Shirzad erzählt vom Wunsch nach einem freien, säkularen Iran und richtet einen umfassenden Blick auf die dramatische politische und gesellschaftliche Situation in seinem Herkunftsland. Mit unmissverständlicher Parteinahme für Israel beschreibt er das iranische Regime als ein System, das an seinem eigenen Zerfall arbeitet.

»Man muss es wirklich feststellen und auf den Punkt bringen: Das islamische Regime im Iran war in seiner Existenz seit 1979 noch nie so schwach und instabil. Also es fehlt, wenn wir jetzt als Metapher einen Boxring nehmen, der letzte Schlag – und das Mullah-Regime liegt am Boden und steht nicht mehr auf.«

Die Proteste nach der Ermordung von Jina Mahsa Amini haben einen existenziellen Bruch zwischen der Bevölkerung und dem Regime geschaffen. Nach Einschätzung Shirzads lehnt der Großteil der Iraner die Herrschaft der Mullahs ab. Die wirtschaftliche Misere illustriert er ebenso deutlich. Denn das an Ressourcen reiche Land liege am Boden, und Gelder würden nicht in Bildung und Gesundheit investiert, sondern an Terrororganisationen transferiert. Der Aktivist fasst den Widerwillen vieler Menschen gegen diese Politik so zusammen:

»Wir wollen nicht, dass unser Geld in die Hamas, die Hisbollah oder die Huthi fließt. Wir wollen, dass es in Schulen, Krankenhäuser, Bildung und Wissenschaft investiert wird. Das Regime gräbt sich mit jedem Mord, jeder Hinrichtung und jedem Krieg sein eigenes Grab.«

Die Repressionen des Regimes hätten zwar offene Revolten brutal erstickt, doch der Protest der Bevölkerung finde subtiler statt, etwa durch das bewusste Ablegen des Kopftuchs, regimekritische Parolen auf Geldscheinen oder symbolische Aktionen wie den »Kotelett-Tag« zum Gedenken an Qasem Soleimanis Tod. Die Bevölkerung strebe nach Freiheit, Bildung und internationaler Offenheit. Trotz allgegenwärtiger Überwachung wachse das Verlangen nach einem Wandel. Von Konversionen zum Christentum bis zur demonstrativen Ablehnung islamistischer Strukturen entwickle sich die Gesellschaft stetig weiter. Der Iran stehe, so Shirzad, »wie auf einem Pulverfass«, und mit jeder neuen Protestwelle wachse der Druck.

Plädoyer für Normalisierung

Besonders hervorzuheben ist sein Plädoyer für eine Normalisierung des Verhältnisses zwischen dem Iran und Israel. Die jahrtausendealte gemeinsame Geschichte – vom Kyros-Edikt, mit dem der persische König den Wiederaufbau des Temples in Jerusalem anordnete, bis zur Ära vor der Islamischen Revolution von 1979 – sieht er als Fundament einer zukünftigen Partnerschaft. »Das, was zwischen den Israelis und den Iranern steht, ist die Islamische Republik. Die Bevölkerungen selbst, zum Großteil, haben ein sehr positives Bild voneinander.« Junge Iraner würden sich bewusst gegen den vom Regime befohlenen Hass stellen und mit pro-israelischen Graffiti oder dem Ignorieren antisemitischer Flaggen und Parolen ihre Verbundenheit betonen.

Im geopolitischen Kontext hebt der Aktivist und Influencer die Islamische Revolutionsgarde als eigentliche Machtzentrale hervor. Ihr Einfluss erstrecke sich von der Hisbollah über die Huthi und irakische Milizen bis in die gesamte Region des Nahen Ostens. Der Iran habe damit einen »schiitischen Halbmond« geschaffen. Man könnte es als das gefährlichste islamistische Netzwerk weltweit bezeichnen. Die westlichen Staaten unterschätzten das Atomprogramm und die Ambitionen des Regimes, das gemeinsam mit Russland und China an einer neuen Weltordnung arbeite. Den 2015 abgeschlossenen Atomdeal betrachtet er als »Fehler der westlichen Diplomatie«, die zu sehr auf Beschwichtigung setze. Nur »Frieden durch Stärke« könne nach seiner Einschätzung langfristige Stabilität schaffen.

Der Alltag der iranischen Bevölkerung ist geprägt von Inflation, Medikamentenmangel und Perspektivlosigkeit. Selbst seine Familie sei gezwungen, lebenswichtige Medikamente aus Europa in den Iran zu schicken. Viele junge Menschen verlassen das Land, doch unter denen, die bleiben, wachse der Mut, sich gegen die Angst zu stellen. Mit Zuversicht und dem Appell, die Stimme für die Menschen im Iran zu erheben und die Verständigung mit Israel als Hoffnungsschimmer zu begreifen, resümiert Simon Shirzad:

»Nicht ich bin der Mutige, sondern die Menschen im Iran. Ich kann nur ihr Sprachrohr sein. Aber ich denke, unser Land ist es wert, dass es gerettet wird. Und die Hoffnung wird am Ende stärker sein als die Angst.«

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