Die Heuchelei der deutschen »Freunde des jüdischen Staates«

Thomas Bach bei seinem Treffen mit Jibrill Rajoub
Thomas Bach bei seinem Treffen mit Jibrill Rajoub (© Imago Images / APAimages)

Freundschaft mit Israel zu proklamieren, ist einfach. Aber wieviel ist diese Freundschaft wert, wenn die engen »Freunde« auf einem Auge blind für Holocaustleugnung und Terrorunterstützung sind?

Sacha Stawski

Während einer Pressekonferenz an der Seite des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz am 16. August in Berlin beschuldigte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas Israel der Begehung von »50 Holocausten«. Trotz seiner wiederholten Aufforderungen, gegen jede Form von Antisemitismus aufzustehen, schwieg Scholz dazu und brauchte ganze 24 Stunden, bevor er seine Verurteilung von Abbas‘ Statements zum Ausdruck brachte. 

Und ungeachtet des perversen Vergleichs Abbas‘ kündigte Deutschland an diesem Tage ein weiteres Hilfspaket für die Palästinenser in Höhe von 340 Millionen Euro an. Damit signalisierte Deutschland gegenüber der palästinensischen Führung wirkungsvoll, dass sich ihr Radikalismus auszahlt. Aber Kanzler Scholz ist nicht der einzige prominente Deutsche, der palästinensischen Extremismus belohnt.

So hat beispielsweise die Stadt München am 5. September des 50. Jahrestages des Terroranschlages auf die israelische Olympiamannschaft von 1972 gedacht, bei dem palästinensische Terroristen elf israelische Athleten und einen deutschen Polizisten ermordeten. Einer der Sprecher der Gedenkveranstaltung war der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, Thomas Bach, einst selbst deutscher Olympionike. 

In seiner Rede hat Bach in Bezug auf den Anschlag vom »dunkelsten Tag der olympischen Geschichte«gesprochen. Laut Bachs Aussagen »teile er den Schmerz der Angehörigen« und er erklärte: »Bis heute erfüllt uns dieser barbarische Anschlag mit Entsetzen, Scham und Abscheu.« Darüber hinaus sprach er von »olympischen Werten« wie der »Einheit der Menschheit in all unserer Verschiedenheit, ungeachtet der politischen und kulturellen Differenzen«. 

Treffen mit einem Holocaust-Relativierer …

Bachs Worte waren kraftvoll und er schüttelte die Hände der Familienangehörigen derer, die ermordet wurden. Dabei drückte er seine vermeintliche glaubwürdige Aufrichtigkeit aus. Schließlich wurde seine Teilnahme als Ehrengast an einer separaten Gedenkzeremonie Ende September in Tel Aviv angekündigt. Was allerdings nur einige wussten, war, dass Bach plante, zwei Tage vor diesem Gedenken in Ramallah zu besuchen.

Dort traf er sich mit Generalmajor Jibril Rajoub, mit dem er eine Pressekonferenz abhielt. Die palästinensische Presseagentur WAFA berichtete, dass Bach seine Unterstützung für Rajoubs Vorhaben ausgedrückt habe, ein Olympiastadion in »Palästina« zu errichten und versprach, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) »die Unterstützung für die Bemühungen des POC (Palästinensisches Olympisches Komitee) fortsetzen werde, seine Athleten für die Olympischen Spiele 2024 in Paris vorzubereiten«. 

Bach traf auch Athleten in der Ahmed Al Shugairi-Halle. Doch wer ist Jibril Rajoub, und wer Ahmed Al Shugairi, nach dem die Halle benannt ist? Al Shugairi ist ein palästinensischer »Held«, ein Führer, der hinter der »Schaffung des Militärapparates unter dem Namen der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO« steht. Er war einer ihrer Gründer und erster Vorsitzender der PLO, damals weithin als terroristische Organisation betrachtet.

Ganz ähnlich ist auch Jibril Rajoub alles andere als ein Mann des Friedens. Er ist ein Unterstützer des palästinensischen Terrorismus und ein Antisemit, der die bedeutendsten humanistischen Werte verletzt – und damit auch die Prinzipien des IOC, die Bach behauptet, so hochzuhalten. Außerdem betreibt er Geschichtsklitterung und relativiert den Holocaust, indem er Israel und dessen Handeln mit dem der Nazis vergleicht.

Rajoub hat behauptet, »die israelischen Gefängnisse sind eine identische Kopie von Auschwitz und den Todeslagern«, »Auschwitz ist hier in jeder Stadt in Palästina«, die Israelis „sind das hässliche Antlitz des Nazismus, welches der Zionismus ist“ – und so weiter und sie fort. Rajoub erklärte auch: „Das, was in Palästina geschieht, ist ein zweiter Holocaust!“ Er verbietet Palästinensern, sich an Sportveranstaltungen mit Israelis zu beteiligen und verurteilt arabische Staaten, die dies tun. Rajoub nutzt den Sport, um Hass zu fördern und um Gewalt und Terror anzuzetteln.

… und Terroverherrlicher

Es gibt viele Beispiele dafür, dass Rajoub mit international als terroristisch eingestuften Organisationen zusammengearbeitet hat, dass er Terroristen verherrlicht hat, und dass er Israels Existenzrecht ablehnt. Für ihn sind die Terroristen des Massakers von 1972 Helden. Er hat die Gedenkfeiern für die Opfer als »rassistisch«bezeichnet. 

Sowohl Makkabi als auch Palestinian Media Watch haben umfangreiche Hintergrundmaterialien über Rajoub veröffentlicht, einschließlich eines an Bach adressierten offenen Briefes im September 2022, den beide unterzeichnet haben. Trotz alledem hat Bach nicht gezögert, sich mit Rajoub zu treffen und seine Absicht zu äußern, die finanzielle Unterstützung für das Palästinensische Olympische Komitee zu erhöhen.

Sowohl Kanzler Scholz als auch Thomas Bach haben wiederholt ihre Freundschaft mit Israel erklärt. Beide haben Terrorismus, Antisemitismus und Holocaustleugnung verurteilt, haben Israel besucht und die Hände der Familien der Opfer geschüttelt. Dabei lässt uns – unter den gegebenen Umständen – die Heuchelei ihrer Worte sprachlos zurück. 

Wieviel sind ihre Proklamationen wert, wenn sie in Augenblicken der Wahrheit schweigen, wenn es am meisten darauf ankommt? Wieviel sind ihre Proklamationen wert, wenn sie die Augen vor der Geschichtsklitterung und Holocaustrelativierung verschließen und Radikale umarmen?

Sacha Stawski (Frankfurt am Main) ist ein deutscher Publizist, Journalist und Autor. Er ist Präsident und Chefredakteur von Honestly Concerned e. V., einer Initiative und Internetplattform, die im Mai 2002 gegründet wurde, um die weit verbreitete unfaire Medienberichterstattung im Zusammenhang mit Israel und Nahost-Themen sowie Antisemitismus wirksam zu bekämpfen. Stawski steht außerdem der deutschen proisraelischen NGO I Like Israel (ILI) vor, die wöchentlich einen Newsletter publiziert und jährlich in deutschen Städten Israeltage organisiert. Er ist auch Veranstalter und Gastgeber des Deutschen Israelkongresses, der seit 2010 stattfindet.

(Der Artikel wurde zuerst in der Jerusalem Post vom 27.10.2022 unter dem Titel The Hypocrisy of the »Friends of the Jewish State« veröffentlicht. Übersetzung: Lothar Klein, Sächsische Israelfreunde e.V.)

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