Von Stefan Frank
Die Hamas hat versucht, eine Ladung Kampfstiefel für ihre Truppen über Kerem Shalom, den Grenzübergang zwischen Israel und dem Gazastreifen, zu schmuggeln. Wie u.a. das amerikanische Nachrichtenportal Newsweek unter Berufung auf Informationen des israelischen Verteidigungsministeriums berichtet, waren sie in grellbunten, mit Emojis (Smileys) bedruckten Beuteln verpackt, was offenbar den Anschein erwecken sollte, es handle sich um Schuhe für Kinder. Auf der israelischen Website Times of Israel ist ein Video zu sehen, das zeigt, wie eine Zollbeamtin die Schmuggelware zutage fördert. Einige der Stiefel sind schwarz, andere in Tarnfarben. Nach Angaben des israelischen Verteidigungsministeriums handelt es sich um Schuhwerk der amerikanischen Firma Magnum, die auch Feuerwehren, Polizei und Rettungsdienste in den USA ausrüstet – also nicht um Billigware.
„Ich bin stolz auf die Sicherheitsprüfer, die genauso gearbeitet haben, wie es von ihnen erwartet wird – angefangen mit der Identifikation des LKW als verdächtig bis hin zur Kontrolle der Ladung und dem Aufdecken des Schmuggelversuchs“, sagt Ami Shaked, Chef der Grenzübergangsbehörde Kerem Shalom. Leutnant Fares Attila, der im Verteidigungsministerium für den Güter- und Personenverkehr mit dem Gazastreifen zuständig ist, verurteilte das Täuschungsmanöver als einen Versuch der „Terrorgruppe Hamas, die israelische Politik gegenüber den Bewohnern des Gazastreifens für ihre eigenen Zwecke auszunutzen“.
Immer wieder werden Fälle bekannt, in denen die Hamas die Grenzübergänge zwischen Israel und Gaza zum Schmuggel von militärischen Gütern zu nutzen versucht. Im April wurde eine Frau aus dem Gazastreifen, die auf dem Weg zu einer Krebstherapie in ein israelisches Krankenhaus war, am Personenübergang Erez mit Sprengstoff erwischt. Der Sprengstoff war in Röhren versteckt, die die Aufschrift „Medizinisches Material“ trugen. Ermittlungen des Shin Bet, so der Bericht, hätten ergeben, dass der Sprengstoff von der Hamas für einen Anschlag in „naher Zukunft“ vorgesehen gewesen sei.
Grenzübergreifendes Händlernetzwerk
„Wie besorgt sich die Hamas das, was sie zum Bau von Tunneln und Raketen benötigt?“, fragte die Times of Israel im Juli 2015. Die Antwort: „Über Israel.“ In dem Beitrag beschreibt der Autor Avi Issarachoff ein grenzübergreifendes Händlernetzwerk, das die Hamas mit allem versorge, was sie benötige: „Elektronik und Kommunikationsausrüstung, Baumaterialien und alles andere. Dieses Händlernetzwerk arbeitet direkt mit israelischen Händlern zusammen, die völlig harmlos wirkende Bestellungen erhalten. Ein Beispiel sind Motoren für Kühlschränke, die die Tunnelbauer für ihre eigenen Zwecke einsetzen. Bei den israelischen Händlern werden vielleicht auch Holzpaletten bestellt, die in großer Zahl in den Gazastreifen gebracht wurden, ehe jemand herausfand, dass sie dort benutzt werden, um die Betonwände in den Tunneln zu ersetzen.“
Auch Treibstoff und andere Chemikalien für den Bau von Raketen werde falsch deklariert aus Israel in den Gazastreifen gebracht – und Elektroden. „Elektroden, scheinbar ein simples Produkt, das in der Industrie und auf dem Bau Verwendung findet, sind zu einer der wichtigsten Komponenten in der Raketenproduktionsindustrie der Hamas geworden“, so Issarachoff. Tausende davon seien auf dem Weg nach Gaza beschlagnahmt worden. In einem Fall habe die Hamas eine Anlage zur Butterproduktion in Ramallah genutzt und die Elektroden in Butterdosen versteckt, die in den Gazastreifen transportiert wurden. „Eine andere originelle Schmuggelmethode war, die Elektroden in Marmorblöcken aus Hebrons Marmorindustrie zu verstecken. Auch sie wurden am Grenzübergang Kerem Shalom entdeckt.“
Dass die Hamas den Güterverkehr zwischen Israel und dem Gazastreifen dazu benutzt, um Güter zu schmuggeln, die dazu dienen sollen, israelische Zivilisten zu töten, habe in israelischen Sicherheitskreisen zu einer Debatte geführt: „Stoppen wir den Gütertransfer nach Gaza, um die Fähigkeit der Hamas zu beeinträchtigen, Waffen gegen Israel herzustellen – ein Schritt, der die Not im Gazastreifen vergrößern und das Risiko eines Konflikts erhöhen würde? Oder erlauben wir den Güterfluss nach Gaza im Bewusstsein dessen, dass dafür ein militärischer Preis zu zahlen ist?“ Bislang geht der Güterverkehr ungehindert weiter. Jeden Monat passieren zwischen 7.500 und 11.500 LKW-Ladungen den Grenzübergang Kerem Shalom von Israel Richtung Gaza. Die israelischen Zollfahnder haben also immer alle Hände voll zu tun.