Von Thomas von der Osten-Sacken
Im Süden Syriens findet seit über einer Woche eine der bislang heftigsten Offensiven des Regimes und seiner Verbündeten statt. Inzwischen sollen 270.000 Menschen vor den Bombardements der russischen Luftwaffe und syrischer Truppen auf der Flucht sein. Sie drängeln sich an den geschlossenen Grenzen Jordaniens und Israels, denn beide Länder weigern sich, Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen. Israel gibt Sicherheitsgründe an, die jordanische Regierung erklärt, schon hunderttausende Syrer aufgenommen zu haben und das Ende ihrer Kapazitäten erreicht zu haben.
Die Offensive findet in einer so genannten Deeskalationszone statt, also einem Gebiet, in dem es eigentlich keine Kämpfe geben dürfte. Sowohl Russland, das diese Offensive unterstützt, als auch die USA traten als Garantiemächte dieser Zone auf. Schon vor Beginn der Offensive erklärte die US-Regierung allerdings, Rebellen und Zivilisten vor Ort könnten auf keinerlei Unterstützung seitens der Amerikaner hoffen. Angaben der UN-Flüchtlingshilfsorganisation UNHCR zufolge handelt es sich um die größte Flüchtlingswelle seit Beginn des Bürgerkriegs in Syrien im Jahr 2011.
Und wie reagieren Deutschland und Österreich? Ein Blick auf die Seiten der jeweiligen Außenministerien spricht Bände: Seit über einer Woche hat keine der beiden Regierungen (hier und hier) es auch nur geschafft, eine müde Erklärung online zu stellen, in der, wie sonst immer üblich, der eigenen Besorgnis Ausdruck verliehen wird und alle Seiten zum Gewaltverzicht aufgefordert werden. Nicht einmal das, bislang kein einziges Wort zu der menschlichen Tragödie im Süden Syriens.
Wenn sie also davon sprechen, sie wollten zwar fortan noch hermetischer ihre EU-Außengrenzen schließen, aber dafür umso engagierter Fluchtursachen bekämpfen, so meinen sie ganz offensichtlich nicht die russische und syrische Regierung, die seit Jahren im Nahen Osten die Fluchtursache Nr. 1 sind.