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Die feministische Revolution im Iran schreitet voran

Solidaritätsdemontsration mit den iranischen Prosten in Washington
Solidaritätsdemontsration mit den iranischen Prosten in Washington (© Imago Images / Sipa USA)

Das Regime in Teheran fürchtet angesichts der Massenproteste im Iran um seine Existenz und versucht, Zwietracht in der Opposition zu säen.

Resa Memarnia

Vier Frauen und vier Männer, die zu den bekanntesten iranischen Prominenten weltweit zählen: Shirin Ebadi als Friedensnobelpreisträgerin; Masih Alinejad als Menschenrechtsaktivistin; Golshifteh Farahani als Schauspielerin und neu berufenes Jurymitglied der Berlinale; Ladan Boroumand als Menschenrechtlerin, Abdullah Mohtadi von der kurdischen Komalah-Partei; Aktivist Hamed Esmaeilion, dessen Demonstrationsaufruf in Berlin im Oktober 2022 rund 100.000 Menschen folgten; Ali Karimi, als ehemaliger Fußballstar, und Reza Pahlavi als einer der populärsten politischen Akteur der iranischen Gegenwart. Diese acht Personen haben ein Bündnis gegründet, um die Stimme des iranischen Freiheitskampfes rund um den Globus zu tragen.

Die Ausstrahlung des Bündnisses wirkt weit über die Grenzen hinaus. Endlich schließen sich freiheitliche Iranerinnen und Iraner zusammen und zeigen der Weltöffentlichkeit ein anderes Gesicht als das von bärtigen und finster dreinblickenden Männern, die seit Bestehen der Islamischen Republik das Bild des Irans geprägt haben. 

Das neue Bündnis hingegen repräsentiert symbolisch die Überwindung islamischer Herrschaft, die mit der Gründung der Islamischen Republik 1979 die politische Weltbühne der Neuzeit betreten hat. Heute wird der islamische Gottesstaat durch die feministische Revolution zu Grabe getragen. Die zentrale Parole der Proteste, »Jin, Jiyan, Azadi« (»Frau, Leben, Freiheit«), ist weltweit sicht- und hörbar und wird gewissermaßen zur Popkultur. Superstars wie Coldplay sprechen auf ihren Konzerten mit ihren Fans über die feministische Revolution. Der Revolutionssong Baraye gewinnt einen Grammy für soziales Engagement. Bei der Berlinale gibt es die längsten Ovationen für die kraftvolle Rede von Golshifteh Farahani. Die Liste mit weiteren Prominenten und Solidaritätsbekundungen ist lang.

Angst der Mullahs

Die feministische Revolution im Iran schreitet voran
Demonstrantin in Berlin im Herbst 2022 (Quelle: Thomas von der Osten-Sacken)

Entsprechend ist die Angst bei den Mullahs und ihren Schergen dieser Tage besonders groß, und die Versuche, nach bekanntem Muster Zwietracht unter den Iranern zu säen, werden immer grotesker.

Jüngst wurden Aufnahmen einer Demonstration von Exil-Iranerinnen im Staatsfernsehen präsentiert, auf denen das Bild eines ehemaligen Geheimdienstoffiziers unter dem letzten Schah hochgehalten wurde. Nach 1979 unbekannten Aufenthaltes ins Ausland geflohen, tauchten er und sein Bild jüngst auf einer Protestkundgebung wieder auf. Die Aktion war wie viele andere (Täuschungs-)Aktivitäten des Mullah-Staates ziemlich plump und viel zu durchsichtig, um die neu entstandene Einheit der Iranerinnen gefährden zu können. Auch bei der Großdemonstration in Berlin im Oktober 2022 versuchten einige Anhänger des Regimes, durch Beleidigungen und tätliche Angriffe Zweifel zu schüren und die Teilnehmerinnen zu diskreditieren.

Die Mullahs und ihre Vordenker entdecken in diesen Tagen auch plötzlich ihre Zuneigung zu demokratischen Spielregeln: das frischgebildete Bündnis sei nicht legitimiert und könne daher nicht als iranischer Repräsentant gelten. Als ob im Gottesstaat demokratische Legitimation, etwa durch freie Wahlen, überhaupt denkbar wäre. Oder die Geschichten, die Akteure der Revolution sein in Wahrheit durch die Politik fremder Mächte – USA, Großbritannien, Deutschland etc. – gelenkt. Diese altbackenen Verschwörungsmythen kommen auch deshalb nicht mehr an, weil die Nation heute bereit ist, die Verantwortung für politische Prozesse selbst zu übernehmen, auch für historische Fehler wie die Revolution von 1979.

Heterogene Diaspora

Die Versuche, die Einheit der Iranerinnen durch Desinformation oder Fakenews zu schwächen, laufen weitgehend ins Leere, auch weil die Aktivistinnen mittlerweile weltweit operieren, um die erfundenen Horrorgeschichten zu entlarven. Die Diaspora ist sehr heterogen, insofern gibt es selbstverständlich auch Kritik gegen das Bündnis. Aber heute sind Iranerinnen bereit, aufeinander zuzugehen, sich gegenseitig zuzuhören und um den gemeinsamen Weg miteinander zu ringen. Vor allem spüren sie alle die Notwendigkeit der Einheit, um die Islamische Republik überwinden zu können.

Natürlich wird diese Schlacht nur innerhalb des Irans, auf den Straßen und Plätzen der Städte ausgetragen und zum Erfolg kommen. All die Gesten aus dem Ausland machen aber den Menschen im Iran viel Mut. Und große Umbrüche erfolgen immer dann, wenn es Grund zur Annahme gibt, es könne sich an den Verhältnissen etwas ändern.

Die größte Veränderung ist heute unter Iranerinnen allgegenwärtig. Wir begegnen uns herzlicher und freundlicher denn je, sind bereit, einander die Hand zu reichen und auch die Fehler der Vergangenheit zu verzeihen. Heute lächeln wir uns zu und weinen miteinander – und sind in all unserer Verschiedenheit vereint in dem Ziel, gemeinsam einen freien Iran zu errichten. Jin, Jiyan, Azadi! Zan, zendegi, azadi! Frau, Leben, Freiheit

Resa Memarnia, geb. 1976 in Teheran, ist Politikwissenschaftler und lebt in Berlin. (Der Artikel erschien zuerst auf Jungleblog.)

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