Von Thomas von der Osten-Sacken
Das Erdbeben, das Mitte November die iranisch-irakische Grenzregion erschütterte, war das bislang schwerste des Jahres 2017. Vor allem die kurdischen Gebiete des Nordwestiran sind betroffen. Über 500 Menschen starben, Tausende sind schwer verletzt, ganze Ortschaften liegen mehr oder weniger in Trümmern. Von Seiten der iranischen Regierung gab es bislang wenig Unterstützung, vor Ort vermutet man, Teheran hat wenig Interesse, Hilfe in der Provinz Kermanshar zu leisten, deren Bewohner für ihre oppositionelle Haltung bekannt sind.
Auch deshalb begann man sich in der Stadt Javanrood, die ebenso wie ihr Umland besonders betroffen ist, selbst zu organisieren. Mehrere hundert Freiwillige gründeten ein Netzwerk, das in die Dörfer fuhr, erste Hilfe leistete sowie Zelte, Kleidung und Nahrungsmittel verteilte, während Psychologen und Sozialarbeiter traumatisierte Erdbebenopfer betreuten und Programme für Kinder organisierten. Medizinische Teams versorgten Verletzte und brachten schwere Fälle in die nächsten Krankenhäuser. Über Wochen funktionierte diese Kampagne und gewann ständig an Zulauf. Nur war sie von Anfang an den Behörden ein Dorn im Auge. Selbstorganisation sieht die iranische Regierung nicht gerne, schon gar nicht in Gebieten wie Kurdistan. Also schritten Revolutionsgardisten und Geheimdienst ein und verboten die Kampagne. Damit sind die Erdbebenopfer auf sich gestellt oder abhängig von der kaum existenten staatlichen Hilfe.
Die Opfer des Erdbebens, die in Zelten den Winter erwarten, zahlen den Preis, denn von Regierungsseite ist kaum mit nachhaltiger Unterstützung zu rechnen. Derweil hört man aus Javanrood, dass viele Freiwillige trotzdem weiter machen wollen, nur ist ihre Hilfe ab jetzt illegal. Wen würde es wundern, käme es bald zu den ersten Verhaftungen?
Ständig erschüttern Nachbeben die Region. Am 11. Dezember etwa wurde in der irakisch-iranischen Grenzeregion bei Halabja ein Beben der Stärke 5,3 auf der Richterskala gemessen. Die Menschen in der Region leben in ständiger Angst, dass es zu einer weiteren Katastrophe kommen kann.