Die Bedeutung des Zweiten Weltkriegs für den Nahen Osten

Die Bedeutung des Zweiten Weltkriegs für den Nahen Osten
Wende im Krieg in Nordafrika: Schlacht von El-Alamein 1942.

„Der Zweite Weltkrieg wird in Kursen über den Nahen Osten meist recht kurz abgehandelt. Im Ersten Weltkrieg war der Nahe Osten ein riesiges Schlachtfeld, vom Sinai bis zum Euphrat. Der Zweite streifte die Region nur. Im Ersten Weltkrieg brach das Osmanische Reich zusammen und wurde von Großbritannien, Frankreich und einer neuen Landkarte ersetzt. Im Zweiten behielt Großbritannien die Kontrolle über den Nahen Osten und die Landkarte blieb unverändert. Aber er hat die Region, wie wir sie kennen, weit stärker beeinflusst, als wir gewöhnlich denken. (…)

Nach Dünkirchen setzte Churchill den Mittelmeerraum an die Spitze seiner Prioritätenliste, und das mit gutem Grund: Die Achsenmächte hofften, im Sturm durch Nordafrika und den Nahen Osten, Ägypten inklusive, zu fegen. Wäre es Deutschland und Italien gelungen, im Nahen Osten Fuß zu fassen, hätten sie Großbritannien von seinem Imperium abgeschnitten, das im Fernen Osten bereits durch Japan unter Druck gesetzt wurde. Der Suez-Kanal, Seewege, Lufträume, Öl, Arbeitskräfte – die Kontrolle über all diese Faktoren machten das Halten des Nahen Osten essentiell. Und Großbritannien hielt ihn, auch wenn es sich einer Vielzahl von Bedrohungen erwehren musste. Diese vervielfältigten sich, weil viele im Nahen Osten glaubten, dass Großbritannien den Krieg verlieren würde. (…)

All das waren nur Strohfeuer verglichen mit der Gefahr, die das Afrika-Korps unter Feldmarschall Rommel darstellte, der 1942 vor den Toren vor Alexandria stand. An dem Tag, der als ‚Aschermittwoch’ bekannt wurde, verbrannten die britische Botschaft und das Armee-Hauptquartier in Kairo alle geheimen Dokumente, damit sie nicht in deutsche Hände fallen können. Aus Alexandria flohen Menschen ins Nil-Delta und aus Kairo nach Palästina oder Ober-Ägypten. Die erste Schlacht von El-Alamein verlangsamte Rommels Vormarsch, und die berühmte zweite Schlacht, in der Feldmarschall Montgomery die 8. Armee kommandierte, trieb ihn durch Nordafrika zurück. Der Nahe Osten war gerettet, aber nicht nur das. ‚Vor Alamein hatten wir keinen Sieg‘, schrieb Churchill. ‚Nach Alamein hatten wir keine Niederlage mehr.‘

Der Krieg ging zu Ende, aber er hinterließ dem Nahen Osten zwei Vermächtnisse. Erstens radikalisierte er viele. (…) Nasser führte seine eigene Politisierung auf 1942 zurück: die britischen Handlungen ‚brachten Schande über Ägypten, aber sie weckten in uns einen neuen Geist. Viele wurden durch die Ereignisse aus ihrer Passivität gerissen und lernten, dass Ehre um jeden Preis verteidigt werden müsse.‘ In der Levante und im Irak führte die Ansteckung der Araber mit rassistischem Nationalismus und Antisemitismus zur Entstehung neuer Schöpfungen, wie der hasserfüllten Doktrin der Baath-Partei. In Palästina radikalisierte der Krieg einige der Zionisten. (…)

Zweitens konnte Großbritannien den Nahen Osten zwar halten, aber es beendete den Krieg zu erschöpft, um ihn auch behalten zu können. Während des Krieges haben die Ressourcen und das Durchhaltevermögen des Empires dazu beigetragen, die Zivilisation zu retten. Aber jetzt forderte Amerika, dass Großbritannien das es das alles auflösen und sich auf amerikanische Unterstützung verlassen solle. ‚Ich wurde nicht Premierminister des Königs, um den Vorsitz bei der Liquidation des britischen Imperiums zu führen‘, sagte Churchill 1942. Aber er konnte sie nicht verhindern.“ (Der Historiker Martin Kramer im Rahmen einer Vortragsreihe über die Geschichte des modernen Nahen Ostens.)

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