Nicht nur in Europa, sondern auch in den USA werden von Medienunternehmen nach wie vor antisemitische Stereotype und hetzerische Verleumdungen verbreitet. Prominentestes Beispiel dafür ist der Nachrichtensender CNN.
David M. Litman
Als der amerikanische Nachrichtensender CNN im vergangenen Jahr eine neue Führung bekam, hieß es in der Botschaft an die Öffentlichkeit, der Sender wolle »als überparteiliche Nachrichtenmarke das Vertrauen wiederherstellen«. Damals sprach David Zaslav, Vorstandsvorsitzender der Muttergesellschaft Warner Bros. Discovery, stolz von seiner Vision, dass CNN »das tut, was Journalisten am besten können, nämlich für die Wahrheit zu kämpfen«. Leider scheinen einige bei CNN gegen etwas anderes zu kämpfen: dagegen, Verantwortung für journalistischen Schund zu übernehmen.
Ein Beispiel dafür ist das Schweigen des TV-Senders zu einer offen antisemitischen Karikatur, die trotz zahlreicher E-Mails, Telefonanrufe und Postings in den sozialen Medien auf der CNN-Website belassen wurde, wo sie veröffentlicht worden war. Dabei gab es nicht nur direkte Versuche, CNN zur Entfernung der Karikatur zu bewegen, sondern auch Artikel in jüdischen und großen nationalen Medien, die Kritik und Abscheu zum Ausdruck brachten, sowie ein Video-Exposé.
Die Karikatur zeigt Juden, die das Pessachfest feiern, umgeben von einem Meer aus Blut, was eine unmissverständliche Anspielung auf die jahrhundertealte Blutverleumdung darstellt, Juden würden das Blut ermordeter nichtjüdischer Kinder für rituelle Zwecke oder zur Herstellung von Matze verwenden. Sogar die britische Tageszeitung The Guardian, ein Blatt, das dafür bekannt ist, das Problem des Antisemitismus regelmäßig zu verharmlosen, hatte das ethische Bewusstsein, eine ähnliche antisemitische Karikatur zu entfernen. Die Reaktion von CNN war jedoch nur Schweigen.
Nicht der einzige Fall
Ein weiteres Beispiel für die schockierende Missachtung der Rechenschaftspflicht lieferte kürzlich – zum wiederholten Mal – die langjährige CNN-Moderatorin Christiane Amanpour. Während eines Interviews mit einem ehemaligen israelischen Botschafter gab Amanpour verfälschte Umfragedaten an, um zu suggerieren, »die neuesten Umfragen« würden zeigen, die palästinensische Bevölkerung wünsche sich in großer Mehrheit »eine friedliche Zweistaatenlösung und die Koexistenz« mit Israel.
Doch jede einzelne Umfrage palästinensischer Meinungsforscher, die die britische Medienbeobachtungsorganisation CAMERA finden konnte, zeigt durchwegs das genaue Gegenteil dessen, was Amanpour behauptet hatte: So ist eine beträchtliche palästinensische Mehrheit gegen die Zweistaatenlösung. Und wie war die Antwort von CNN auf die erfolgte Forderung nach Beweisen für Amanpours oberflächliche Behauptung? Erneut: Schweigen.
Kürzlich beschrieb CNN-Korrespondent Frederik Pleitgen einen Vorfall, bei dem Terroristen auf ein Auto geschossen hatten, in dem sich eine israelische Mutter und ihre beiden Töchter befanden. Anschließend gingen die Terroristen zu dem Fahrzeug, um aus nächster Nähe zu schießen, um sicherzustellen, dass die Frauen tot waren.
Und wie berichtetet Pleitgen über den Angriff? »Es gab einen Vorfall, bei dem ein Auto mit einer Familie darin von einer Kugel oder Schüssen getroffen wurde«, schilderte er dem CNN-Publikum. »Es war eine Mutter mit ihren beiden Töchtern, und die beiden Töchter wurden bei dem Unfall getötet.« Pleitgens ausweichende und umständliche Formulierung stand dabei in krassem Gegensatz zu seiner Beschreibung des Todes eines Palästinensers in derselben Sendung, als er klar und direkt formulierte: »Das israelische Militär hat einen 15-jährigen Jungen erschossen.«
Trotz einer Nachricht des Korrespondenten an die Beschwerdeführer der in der Folge an ihn gerichteten Nachfrage, dass er sich der daraus resultierenden Kritik bewusst sei, beendete er die Kommunikation, sobald von den Kritikern das Thema einer öffentlichen Korrektur seiner Ausführungen angesprochen wurde.
Mediales Schweigen
Seit Jahrzehnten kommuniziert CAMERA mit CNN, wenn Bedenken über die Art der Berichterstattung aufkommen. Nicht selten hat CNN das getan, was Hunderte anderer Medien als Teil ihrer normalen Berufspraxis tun, nämlich Korrekturen veröffentlicht. In einigen Fällen weigerte sich der Sender zwar, aber nur sehr selten ignorierten die Führungskräfte die wiederholten Beschwerden, die durch dokumentarische Beweise hinreichend belegt waren.
Die Tatsache, dass CNN in einer Zeit, in welcher der Antisemitismus zunimmt, eine antisemitische Karikatur auf seiner Plattform zulässt, ist angesichts seines Spezialberichts Steigender Hass: Antisemitismus in Amerika vom 20. August 2022 besonders bemerkenswert. In der Sendung wies die US-Sonderbeauftragte für Antisemitismus, Deborah Lipstadt, darauf hin, dass »Worte leicht zu äußern sind, aber es kommt vor allem darauf an, auch ihnen gemäß zu handeln«. Der Überlebende des Anschlags auf die Synagoge in Colleyville, Jeff Cohen, erklärte in ganz ähnlicher Weise, es sei »ein Problem, die [antisemitischen] Dinge einfach laufen zu lassen«.
CNN hat in letzter Zeit viel einfach laufen lassen – vor allem den Anspruch, einem professionellen Journalismus verhaftet zu sein.
David M. Litman ist Medien- und Bildungsforschungsanalyst beim Committee for Accuracy in Middle East Reporting and Analysis (CAMERA). (Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)