„Er hat sie alle vorgeführt. Angela Merkel, die ihm in der Flüchtlingsfrage ausgeliefert ist. Die Europäische Union, die sich gezwungen sieht, ihm eine Visa-Freiheit für alle Türken zu gewähren. Sogar sein Premierminister, der zumindest teilweise nicht ganz seiner Meinung war, hat den Posten geräumt. Und selbst Wladimir Putin wurde in gewisser Weise vorgeführt, weil Erdogan nicht vor ihm kuschte – wie das sonst alle anderen tun. Es scheint, als könne niemand dem ‚neuen König von Europa‘, wie der türkische Präsident bereits genannt wird, etwas entgegensetzen.
Doch inmitten seines politischen Triumphzuges offenbart sich Erdogans wahre Schwäche. Denn sein Land ist ökonomisch verwundbar. Es muss mehr Energie und Produkte einführen, als es exportiert, und ist daher auf anhaltend hohe Devisenzuflüsse angewiesen. Eine wichtige Einnahmequelle war dabei bislang der Tourismus. Er macht zwar lediglich sechs Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Allerdings stellt er Jobs für mehr als acht Prozent der Türken und ist ein wichtiger Devisenbringer für das Land. Und dieser ist abrupt weggebrochen.“ (Die Journalisten Nando Sommerfeldt und Holger Zschäpitz in der deutschen Tageszeitung Die Welt: „Das ist die große Schwäche des ‚Königs von Europa‘“)