„Anfang dieses Monats war der Welt-Hijab-Tag. Sie haben ihn vielleicht versäumt, aber Sie können sich mit Sicherheit die Idee dahinter vorstellen: ‚Weltbürger’ aller Glaubensrichtungen und Hintergründe wurden gebeten, einen Tag lang ihren Kopf zu ‚bedecken’ – ‚in Solidarität mit muslimischen Frauen weltweit’. Mit diesem Aktionstag wollte man auf die ‚Millionen muslimischer Frauen‘ hinweisen, ‚die den Hijab tragen und ein bescheidenes Leben führen’, und ihnen Anerkennung zollen. Einen Hijab zu tragen ist für mich kein Abstraktum: Vor ein paar Jahren trug ich ihn selbst, als ich im Iran in die Schule kam. (…)
Im Alter von sechs Jahren musste ich den Hijab das erste Mal in der Schule tragen. Als ich acht Jahre alt war, sah ich mich gezwungen, den Hijab auch zu tragen, wenn ich in Arak spazieren ging, meiner Heimatstadt im Nordwesten des Iran. Ich tat dies aus Angst vor der Moralpolizei die durch die Straßen fuhr und nach Frauen suchte, die es wagten, den Hijab zu abzunehmen. (…) Mir wurde beigebracht, dass der Hijab ein Mädchen rein und von den Augen der Männer verborgen halten sollte. Deshalb stellt der Hijab eine Form der Täter-Opfer-Umkehr dar. Man geht davon aus, dass es normal ist, wenn Männer sich wie Raubtiere verhalten und bürdet es den Mädchen auf, das Gefühl zu haben, dass sie die Schuld tragen, wenn etwas Ungehöriges passiert. (…)
Einige argumentieren, dass der Hijab für Frauen befreiend sei. Da ich aus einer Welt komme, die mir eine Innenansicht gewährte, kann ich Ihnen sagen: Der Hijab und die Art von Herrschaft, unter der ich gelebt habe, sind nichts, was dem Feminismus nahesteht. Der Hijab ist keine ermächtigende Zurückweisung der Tatsache, nach seinem Aussehen beurteilt zu werden. Er ist eine Form der Unterwerfung: das In-Ketten-Legen der Frauen durch die Mullahs, die diesen Unsinn verkünden. Für Frauen, die gezwungen wurden, einen Hijab zu tragen, ist der Welt-Hijab-Tag eine Beleidigung. Er ist ein offener Versuch, Unterdrücker als Opfer darzustellen und die Gefühle von Frauen zu ignorieren, denen man beigebracht hat, ihr Leben lang zu glauben, dass sie zweitklassige Wesen sind.“ (Soutiam Goodarzi: „I was forced to wear a hijab. It wasn’t liberating“)