Wenn man von einem Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas sprich, sollte man im Hinterkopf behalten, dass dieser für die Hamas immer nur zeitlich begrenzt ist.
David Bedein
In der Tat könnte ein echter „Waffenstillstand“ dazu führen, die Feindseligkeiten zu beenden – ähnlich wie beim ersten Weltkrieg. In der 11. Stunde des 11. Tages des 11. Monats, am 11. November 1918 beendete der Waffenstillstand den Krieg, ebnete den Weg zum Versailler Friedensvertrag und ermöglichte die Entstehung des Völkerbundes.
Die drei arabischen Begriffe, die im Kontext eines Waffenstillstandes mit der Hamas aufkommen, haben jedoch nichts mit einem „Waffenstillstand“ zu tun. Diese Begriffe lauten: „Hudna“, „Tahadia“ und „Hudaybiyyah“. Alle drei Begriffe implizieren die Fortsetzung des Krieges nach einer Pause.
- Hudna – eine taktische und vorübergehende Pause im Krieg zwischen islamischen und nicht-islamischen Kräften. Die Hudna ist nur zur Wiederbewaffnung gedacht.
Die offizielle Islamische Enzyklopädie (London, 1922) definiert Hudna als einen „vorübergehenden Vertrag“, der von islamischen Führern genehmigt oder aufgehoben werden kann, je nachdem, ob er den Interessen des Islam dient oder nicht. Eine Hudna kann nicht länger als 10 Jahre dauern. - Tahadia – ein vorübergehender Stopp feindlicher Aktivitäten, gegen den jederzeit verstoßen werden kann.
- Hudaybiyyah – Ein Verständnis, dass es 10 Jahre lang keine Kämpfe geben wird, benannt nach dem „Vertrag von Hudaybiyyah“ aus dem Jahr 628 n. Chr. In der Islamischen Enzyklopädie wird der Hudaybiyyah-Vertrag als „ultimative Hudna“ erwähnt.
Der verstorbene PLO-Führer Yasser Arafat sprach in seinen Reden oft von „einer Hudna“, als er die Natur der Oslo-Abkommen definierte und beschrieb.
Mit den Worten der Islamischen Enzyklopädie: „Der Hudaybiyyah-Vertrag, den der Prophet Mohammad 628 n. Chr. mit den Ungläubigen von Mekka geschlossen hatte, war ein Präzedenzfall für spätere Verträge, die die Nachfolger des Propheten mit Nicht-Muslimen schlossen. Mohammad schloss damals eine Hudna mit einem jüdischen Stamm, um sich Zeit zu verschaffen, seine Streitkräfte auszubauen. Dann brach er den Vertrag und löschte den Stamm aus.
Während dieser Vertrag innerhalb von nur drei Jahren nach seinem Abschluss verletzt wurde, stimmen die meisten Juristen darin überein, dass die maximale Dauer des Friedens mit dem Feind zehn Jahre nicht überschreiten sollte, da ursprünglich vereinbart wurde, dass der Hudaybiyyah-Vertrag zehn Jahre Gültigkeit haben sollte.
Hudna, Tahadia und Hudaybiyyah – die einzigen Optionen zum Waffenstillstand mit der Hamas – sind nicht vergleichbar mit dem Friedensvertrag „Mu’ahada“, den Ägypten 1979 mit Israel unterzeichnet hat, oder aber dem Mu’ahada-Friedensvertrag, den Jordanien 1994 mit Israel unterzeichnet hat.
Waffenstillstand, während dem Raketen fliegen
Wie viele Menschen erinnern sich daran, dass in den letzten Jahren bereits drei Hudnas mit Gaza abgeschlossen wurden? Wie viele Menschen erinnern sich daran, was während dieser Hudnas passierte? Nun, die Menschen in Sderot und in der Region Negev in Israel erinnern sich. Lassen Sie uns die Erinnerungen der anderen auffrischen.
Vom 26. November 2006 bis zum 15. Mai 2007 gab es für fast sechs Monate eine Hudna zwischen der Hamas und Israel. Dabei ist es wichtig, die Aussage der Hamas fünf Tage vor Inkrafttreten dieser Hudna im Kopf zu behalten:
„Der Militärflügel der Hamas wird das Raketenfeuer stoppen, wenn die Bewohner die Stadt Sderot evakuieren.”
Während der Hudna haben die Bewohner des Gazastreifens, laut einem IDF-Sprecher, 315 Raketen auf Sderot und den westlichen Negev abgefeuert. Darüber hinaus gab es eine weitere Hudna mit Gaza, die bis Ende Dezember 2008 andauerte, während derer 878 Raketen aus Gaza abgefeuert wurden.
Vom Ende der Operation „Gegossenes Blei“ am 18. Januar 2009, bis zum ersten Tag der Operation „Wolkensäule” am 12. November 2012, gab es ebenfalls eine Hudna. In dieser Zeit wurden ungefähr 2.000 Raketen aus Gaza abgefeuert. Eine Million Israelis musste in den Notunterkünften Schutz suchen. Vom Ende der Operation “Wolkensäule” bis zum 30. Juni 2014, wurden 300 Luftangriffe von Gaza nach Südisrael gestartet – all das geschah während einer weiteren schwachen Hudna.
Welches Land würde tolerieren, dass Raketen auf sein Territorium abgefeuert werden? Welches Land würde einer Hudna, Tahadia oder Hudaybiyyah zustimmen, die weiterhin Raketenangriffe versprechen?
Es ist an der Zeit, dass Experten aus dem Nahen Osten die wahre Bedeutung einer „Hudna” deutlich machen – eine „Hudna“ ist alles andere als ein Waffenstillstand.
David Bedein, der seit 1987 die Israel Resource News Agency im Beit Agron Center in Jerusalem leitet, hat kürzlich seine Arbeit im Nahum Bedein Center für Nahostpolitik – Forschung expandiert. Er wird von vier Journalisten, die fließend Arabisch sprechen und jeweils einen Doktortitel in Nahoststudien besitzen, beraten.