Erweiterte Suche

Der vorgestrige Herr Loewy und seine Freunde

Hanno Loewy ist Teil der „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“, die sich gegen den Anti-BDS-Beschluss des Bundestages richtet
Hanno Loewy ist Teil der „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“ gegen den deutschen Anti-BDS-Beschluss (© Imago Images / Rudolf Gigler)

Die Fürsprecher der antisemitischen Israelboykottbewegung BDS werden gerade von der Geschichte widerlegt – nicht zuletzt von jenen arabischen Staaten, die Frieden mit Israel schließen.

Irgendwie ist es tragisch, wenn man sieht, wie einstmals intelligente Menschen aus lauter Sorge, sie seien nicht anständig genug, auf blinde Flecken in linksorientiertem Denken reinfallen. ‚Niemanden zurücklassen‘, oder bei Juden: ‚Tikkun Olam – Heile die Welt‘ ist ein schönes Credo, keine Frage.

Aber schon Martin Luther King, ein standfester Zionist nebenbei, wusste, dass es kaum etwas Gefährlicheres gibt, als aufrichtige Ignoranz und pflichtbewusste Dummheit. Und so kann dieses Credo bei manchen Leuten dazu führen, dass sie glauben, Gutes zu sprechen, aber nur gefährliche Ungerechtigkeiten reproduzieren, die keiner Seite zum Vorteil gereichen.

Geschichtliche Ignoranz

Hanno Loewy beispielsweise ignoriert in seinem kürzlich in der Presse abgedruckten Text, der sich gegen den BDS-Beschluss des Deutschen Bundestags richtet, pflichtbewusst, dass der Begriff Palästinenser bis Mitte der 60er Jahre ein regionaler Begriff war, wie Mostviertler oder Uckermärker, der sich dazu hauptsächlich auf Juden bezog, (man denke an Jesus, der früher auch ‚der Palästinenser‘ genannt wurde) da die Juden archäologisch erwiesen und politisch bestätigt die Ureinwohner der Region waren.

Das, was heute als Palästinenser gilt, sind also schlicht Araber – bereits knapp 1000 Jahre v.d.Z. übrigens als A’rub betitelt, was ‚Mischvolk‘ bedeutete und neben der Region lebend, die heute Israel und die umstrittenen Gebiete umfasst. (Sprich: die Arabische Halbinsel.)

Dorthin, wo früher die Königreiche Israel und Judea waren, und auch nach Samaria, wanderten Araber erst sehr viel später in Massen ein, und zwar im 19. und 20. Jahrhundert. Das sind historisch und archäologisch längst belegte Fakten.

Nun haben in Israel lebende Araber die absolut gleichen Rechte wie alle anderen Bürger – und das sind immerhin mehr, als sie in jedem anderen arabischen Land, und auch in vielen europäischen Ländern, hätten. Zum Beispiel komplette Religionsfreiheit, egal welcher islamischen Strömung sie angehören; auch Burka und Co. sind nicht umstritten wie hierzulande.

Aber zusätzlich haben arabische Menschen ja auch noch eigene Länder, und zwar nicht zu wenige: Jordanien, das bekanntlich ebenfalls auf dem von Römern und Briten ‚Palästina‘ genannten Gebiet liegt, ist nur eines davon. Als Großbritannien und Frankreich im Ersten Weltkrieg die gesamte Großregion (die sie den zuvor dort präsenten osmanischen Besatzern abgerungen hatten) besetzt hatten, beschloss der Völkerbund, sie mögen das eroberte Gebiet teilen und seinen jeweiligen Ureinwohnern zurückgeben, damit diese dann dort souveräne Nationalstaaten errichteten.

Daraufhin entstanden der Libanon, der Irak, Jordanien, Syrien – nur Israel und die Gebiete des heutigen Jordanien und der Westbank wollten die Briten entgegen aller Versprechungen behalten, lag sie doch so praktisch auf dem Weg zur indischen Kolonie.

Erst der Zweite Weltkrieg änderte das, wenn auch nur in Teilen, denn das Land, das jüdisches Ursprungsland gewesen war, wurde davor noch zweimal zugunsten der Araber aufgeteilt: eben in Jordanien und das, was heute Westjordanland heißt.

Folgenreiches Narrativ

Nach 1948 waren also die Besatzer nicht mehr da, und die Ureinwohner hatten das Land. Aber die Araber mochten das nicht leiden: sie griffen das frischgeborene Israel sofort an, lehnten es aber regelmäßig ab, auf den Restgebieten einen eigenen Staat zu errichten, egal wie oft ihnen das bereits angeboten wurde (seit 1937 inzwischen rund 9 Mal). Auch der Gründer des BDS, Omar Barghouti, hat ja mehrfach betont, das ultimative Ziel sei es, Israel zur Gänze abzuschaffen.

Die ‚Palästinenser‘ wurden damals jedenfalls mit einem Narrativ versehen, das sie als Faustpfand in der Hand der arabischen Israelfeinde hielt: Sie wurden, schon wenn sie nur 2 Jahre lang (!) in dem Gebiet gelebt hatten, das 1948 zu Israel wurde, zu einem eigenen Volk erklärt. Sie und ihre Kinder und Kindeskinder in männlicher Linie durften nur noch als Flüchtlinge leben. Die Arabische Liga verbot, ihnen Pässe auszustellen.

Seit damals wird auch behauptet, Israel sei immer schon ihre Heimat gewesen, und diese Menschen könnten nur glücklich sein, wenn sie dahin zurückkehren könnten – selbst jene, die so jung sind, dass schon ihre Eltern Land niemals betreten hatten.

Herr Loewy scheint dieses politisch erzeugte Narrativ auch zu glauben, wie viele andere dieser verqueren Boykotthörigen. Ein bisschen wie der Glaube, sudetendeutsches Gebiet und dort lebende Menschen gehörten zu Deutschland, nur halt dieses Mal eher von links.

Interessant auch, wie von allen ethnischen Nationalstaaten der Welt: China, Japan, Indonesien, Nigeria, und so fort, die wie Indien und Pakistan und einige andere sogar nach religiösen Linien getrennt sein können, ausgerechnet das winzige Israel als nationalistisch bezeichnet wird: Ein Land, in dem nicht nur Menschen aus allen Nationen und Ethnien der Welt – und eben auch gut 20% Araber – friedlich und erstaunlich demokratisch zusammenleben.

In den umstrittenen Gebieten scheint es hingegen unzumutbar, ja, ein Friedenshindernis sogar, dass hier 20% Juden leben, denn die „Siedlungspolitik“, also der Bau von Häusern, Wohnungen und Infrastruktur, ist ein größerer Affront als die palästinensische Bezahlung von Terroristen mit großzügigen Leibrenten, die auch deren Familien zugutekommen.

Hanebüchen und vorgestrig

Das alles ist so hanebüchen, und die Tatsache, dass Antizionismus natürlich antisemitisch ist, ist längst ebenso erwiesen wie die Gefährlichkeit der Israelboykottbewegung BDS (die Herr Loewy zu einer „Maus“ kleinreden möchte), dass man zu fragen geneigt ist, in welchem Jahrhundert sich diese BDS-Verteidiger eigentlich aufhalten?

In Zeiten der DDR wurden RAF und palästinensische Terroristen von der Linken anstandslos auch mit Waffenlieferungen unterstützt, Spontis wie Kunzelmann und Co, später auch honorige Autoren wie Grass und Walser durften ungestraft die antisemitischsten Reden schwingen – doch es scheint, dass sich der Begriff der ‚Ewiggestrigen‘ in moderner Zeit auch auf Israel-Delegitimierer und BDS -Freunde ausweiten lässt.

Es ist nämlich nichts anderes als antisemitisch, wenn man sein Ressentiment einfach auf Israel schiebt, oder sich ärgert, wenn ein westlicher Staat nicht dafür bezahlen möchte, dass Judenhass in seinen Räumlichkeiten auftritt, wie es der deutsche Bundestag in seinem BDS-Beschluss empfohlen hat.

Die vorgestrige Denkungsart scheint immer noch lebendig, sie legt sich nur ein anderes Mäntelchen an. Ich finde, Herr Loewy und Co. könnten mal überlegen, ob sie nicht längst aus der Zeit gefallen sind. Ihre Ansichten sind – nicht zuletzt von mehreren arabischen Ländern, die gerade dabei sind, Frieden mit Israel zu machen – komplett widerlegt.

Dieser Text ist eine erweiterte Fassung des Artiklels „Die Palästinenser finden so nie Ruhe!“, der am 22.12. in der österreichischen Tageszeitung Die Presse erschienen ist.

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!