Rund um die Aktion, die zum Tod des IS-Chefs führte, sind noch viele Fragen offen – nicht zuletzt an die Türkei, die das Gebiet an ihrer Grenze kontrolliert, in dem er gestellt wurde.
„Trump sagt, dass die acht Hubschrauber über eine Stunde zu ihrem Ziel fliegen mussten. Das hat zu Spekulationen darüber geführt, woher sie gekommen sind. Martin Chulov vom Guardian sagt, dass der Überfall kurz vor 3:30 Uhr begann und die Hubschrauber von Erbil aus im kurdischen Nordirak geflogen sind. Der Flug dauerte 70 Minuten. Aber Trump meinte in späteren Kommentaren gegenüber der Presse am 27. Oktober, dass die Hubschrauber in einem ‚befreundeten Land‘ in einem ‚Hafen‘ landeten. Welchen Hafen Trump damit gemeint hat, blieb rätselhaft, und es ist nicht klar, ob Trump den Irak als ein befreundetes Land bezeichnen würde. (…)
Russland, der Türkei, Syrien, dem Irak und den syrischen Kurden wurde für ihre Unterstützung gedankt. Die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) warnten seit Monaten davor, dass Baghdadi versuchen würde, in die Provinz Idlib im Nordwesten Syriens zu gelangen, wo er schließlich gefunden wurde. Bereits im März hatten sie angedeutet, dass er dort sein könnte. Die SDF sind der wichtigste Partner der USA vor Ort in Syrien, aber die Entscheidung von Trump, Syrien zu verlassen, ermöglichte den türkischen Angriff auf die SDF.
Die USA mussten Gebiete mit türkischer und russischer Luftverteidigung überfliegen. Sie mussten Russland, das syrische Regime und die Türkei informieren. (…)
Baghdadi lebte in Rufweite zur Türkei in einem Gebiet mit Tunneln, die zum Schmuggeln benutzt werden. Vielleicht wollte er die Tunnel benützen, um in die Türkei zu gelangen. Richard Engel von NBC bemerkt, dass das Gebiet um Barischa, in dem Baghdadi starb, ein Schmuggelgebiet ist. ‚Wenn du dort bist, dann wahrscheinlich aus einem Grund: um illegal die Grenze in die oder aus der Türkei zu überschreiten.‘
Türkische Medien waren um den Eindruck bemüht, dass die Türkei [bei dem amerikanischen Angriff] eine Rolle gespielt habe, aber die USA sagen, dass sei nicht der Fall gewesen. Doch wie hätte die Türkei nicht Bescheid wissen können? Die Provinz Idlib, in der sich Baghdadi befand, ist mit türkischen Beobachtungsposten übersät. Die Türkei behauptet, eine ‚sichere Zone‘ gegen Terroristen zu brauchen, wenn es sich bei denen, gegen die sie kämpft, um Kurden handelt. In Idlib braucht sie im Gegensatz dazu aus irgendeinem Grund keine ‚sichere Zone‘, obwohl Baghdadi sich in unmittelbarer Näher zu türkischen Grenze aufgehalten hat.
Die Türkei ermöglichte 2014 Zehntausenden von Menschen, ihre Grenze zu überschreiten, um sich dem Islamischen Staat anzuschließen, und nachdem Rakka gefallen war, schienen IS-Mitglieder in die Türkei fliehen zu können. Der IS hat sogar Jesiden entführt und dann in die Türkei gebracht oder nach Idlib geschmuggelt. Daran zeigt sich, dass die Türkei offenbar nicht hinter dem IS her ist.“ (Seth J. Frantzman: „Eight takeaways from the Baghdadi raid“)