Die schwindende Macht der Hisbollah im Libanon wird immer offensichtlicher und der internationale Druck auf die Terrorgruppe immer stärker.
Der stellvertretende Ministerpräsident des Libanons, Tarek Mitri, sagte vergangenes Wochenende in einem Interview mit der katarischen Zeitung Al-Araby Al-Jadeed, die Waffen der Hisbollah seien eine »Quelle tiefer Spaltung unter den Libanesen« und dass die schiitische Terrorgruppe »nicht mehr den gleichen Einfluss genießt wie früher«.
In seiner Rede zum 50. Jahrestag des libanesischen Bürgerkriegs betonte Mitri, das Land sei in den letzten Jahren in zwei Lager gespalten worden: »Eines, das sich der Waffen der Hisbollah rühmt und daraus politische, soziale und wirtschaftliche Macht bezieht, und ein anderes, das den Einsatz von Waffen zur Durchsetzung dieses Einflusses ablehnt.« Letzteres lehne »die Existenz einer bewaffneten Organisation außerhalb der legitimen Autorität des Staates« ab.
Diese Kluft bestehe zwar noch immer, habe sich aber verringert, was Mitri zum Teil auf den vergangenen Krieg mit Israel zurückführt, der sie »geschwächt und erschöpft« hat. Ein weiterer Grund für die schwindenden Einfluss sei ein wachsender politischer Konsens über Grundsätze wie das Gewaltmonopol des Staates, seine alleinige Autorität bei Entscheidungen über Krieg und Frieden sowie seine Verantwortung, das gesamte libanesische Territorium unter seine Kontrolle zu bringen. Diese Grundsätze seien nun stärker in der libanesischen Politik verankert und hätten die Debatte über die Waffen der Hisbollah im Vergleich zu früher verändert.
Druck der USA
Am Donnerstag sprach auch Außenminister Youssef Rajji das Thema Entwaffnung an und bestätigte, Beirut werde keine internationale Hilfe erhalten, solange nicht alle Waffen im Land unter die Kontrolle des Staates gebracht werden. Diese Bedingung sei von der US-Gesandten Morgan Ortagus, der Stellvertreterin des Sondergesandten für den Nahen Osten Steve Witkoff, während ihres Besuchs im Libanon Anfang letzter Woche wiederholt worden.
In einem Interview mit dem libanesischen Sender LBCI verglich Morgan Ortagus die Hisbollah mit einem Krebsgeschwür und forderte die libanesischen Behörden auf, deren Entwaffnung zu beschleunigen: »Wir drängen die Regierung weiterhin, alle notwendigen Schritte zur Beendigung der Feindseligkeiten zu unternehmen, einschließlich der Entwaffnung der Hisbollah und aller Milizen.«
Rajji bestritt zwar, dass ein Zeitplan für die Entwaffnung diskutiert worden sei, sagte aber, Ortagus habe deutlich gemacht, dies solle »so bald wie möglich« geschehen. Zugleich rief er die internationale Gemeinschaft auf, Druck auf Israel auszuüben, um sich von fünf strategischen Punkten im Südlibanon zurückzuziehen. »Damit würde der Hisbollah die wichtigste Rechtfertigung für die Beibehaltung ihrer Waffen genommen und die Position des Libanons gestärkt, der eine diplomatische Lösung zur Rückgewinnung seines Landes bevorzugt«, sagte Außenminister Rajji und kritisierte Israel dafür, sich unter Hinweis auf Sicherheitsbedenken einem solchen Rückzug bislang zu verweigern.
Mittlerweile berichtete der libanesische Fernsehsender Al-Jadeed über die Fortsetzung der Entwaffnung der Hisbollah durch die libanesische Armee während der letzten Tage. Nachdem mit 190 von 256 Posten die meisten der Hisbollah-Stützpunkte im Südlibanon bereits an die Libanesischen Streitkräfte übergeben wurden, sei die Armee sogar in Stützpunkte nördlich des Litani eingedrungen, die noch von der Terrorgruppe gehalten wurden.
Laut der Meldung von Al-Jadeed stehen die Streitkräfte kurz vor dem Abschluss der Zerschlagung der Hisbollah-Infrastruktur in allen Gebieten südlich des Flusses. Wie Quellen den Sender informierten, werden die Waffen schrittweise beschlagnahmt, gefolgt von einer formellen Übergabevereinbarung mit der Hisbollah.