
„Offiziell ist der irakische Ministerpräsident Abadi der Oberbefehlshaber aller irakischen Streitkräfte, einschließlich der Haschd al-Schaabi [schiitische ‚Volksmobilisierungs‘-Miliz]. Seine Behörde und das ihm direkt unterstellte Oberkommando der irakischen Armee haben ihre Sorge über das vom Iran unterstützte Abkommen zum Ausdruck gebracht, das den Transfer von Kämpfern des Islamischen Staats von der syrisch-libanesischen an die syrisch-irakische Grenze ermöglichte. Sie hätten davon im Voraus keine Kenntnis gehabt. Doch zugleich hat die schiitische Haschd al-Schaabi das Abkommen begrüßt und gelobt. Die Differenz zwischen dem irakischen Ministerpräsidenten einerseits und dem vom Iran unterstützten Nouri al-Maliki und der Haschd andererseits bietet einen Anhaltspunkt dafür, wie der Irak nach dem Ende des Kriegs gegen den Islamischen Staat aussehen wird. Beide Seiten bewegen sich zunehmends in entgegengesetzte Richtungen und die Kluft wird angesichts der herannahenden Wahlen nur größer werden. Maliki hat erklärt, er beabsichtige nicht in das Amt des Ministerpräsidenten zurückzukehren. Doch spielt er hinter den Kulissen offenbar eine zentrale Rolle. Vor einiger Zeit hatte er gesagt, der Irak müsse sich verändern, was wohl bedeutet, Ministerpräsident Abadi solle sein Amt aufgeben. Maliki steht der Dawa-Partei Abadis und der regierenden Rechtsstaats-Koalition vor. (…)
Einerseits werden die Erfolge auf dem Schlachtfeld und die Unterstützung der von den USA angeführten internationalen Koalition weitgehend Abadi als Verdienst angerechnet. Andererseits fühlt sich auch Maliki durch die Unterstützung der schätzungsweise 100.000 Haschd-Kämpfer und der Abgeordneten, die eher ihm als dem Ministerpräsidenten folgen, gestärkt. Maliki ist der Vizepräsident, doch gehen seine Aktivitäten weit über die Befugnisse seines Amts hinaus. So leitete er beispielsweise eine hochrangige irakische Delegation nach Russland, wo er sich mit Vladimir Putin traf, möglicherweise um Waffenlieferungen zu diskutieren. Auch mit zahlreichen iranischen Regierungsvertretern, darunter das religiöse Oberhaupts des Landes Ayatollah Khamenei, hat er sich getroffen. (…)
Die USA müssen begreifen, dass der Nachkriegsirak sich vom Irak im Krieg [gegen den IS] unterscheiden wird. Vor drei Jahren hatten die irakischen Politiker kaum Optionen. Sie konnten Maliki entweder im Amt belassen und damit riskieren, dass sie die internationale Unterstützung gegen den Islamischen Staat verlieren, oder sie konnten ihn aus dem Amt entfernen und damit die von den USA angeführte Koalition auf ihre Seite bringen. Doch nun häufen sich die Anzeichen dafür, dass Maliki und seine Gefolgsleute zu dem Schluss gekommen sind, nach der Niederlage des Islamischen Staats solle es im Irak für die USA bzw. den Westen im Irak keinen Raum mehr geben. (…) Selbst wenn Ministerpräsident Abadi im Amt bleiben sollte, werden Maliki und seine Parlamentsfraktion dafür sorgen, dass er sich in Maliki 2.0 verwandelt. (…) Die Trump-Administration muss begreifen, dass Abadi zwar den Krieg hat gewinnen können, dass er die kommenden Wahlen aber nicht wird gewinnen können. Im Moment hängt der bevorzugte Plan Amerikas an einem einzelnen Mann, der weder auf Unterstützung im Parlament rechnen kann, noch über die Rückendeckung der mächtigen Haschd al-Schaabi verfügt.“ (Osamah Golpy: „Abadi wins ISIS war, Maliki wins elections: Time for US to shift policy on Kurdistan“)