„Die Türkei ist nicht mehr das gleiche Land, das sie noch vor 25 Tagen war, ein Land, in dem man von außen nur noch Präsident Tayyip Erdoğan wahrnehmen konnte und für die politische Stimme der Türkei halten musste.
Es deutet sich an, dass die friedliche Massenaktion des vom Vorsitzenden der größten Oppositionspartei CHP Kemal Kılıçdaroğlu angeführten Marschs für Gerechtigkeit begonnen hat, die regierende AKP zur Neubewertung ihrer Position zu bewegen. Auch die CHP selbst mag sich von einer statischen in eine dynamische Organisation gewandelt haben, und der Marsch hat die politische Kultur in der Türkei womöglich insgesamt verändert. (…)
Vergangene Woche kritisierte Erdoğan, der Marsch verfolge die Ziele des Putschversuchs vom 15. Juli. ‚Die hatten ihre Flieger vom Typ F-16 und Panzer, diese Leuten marschieren mit dem gleichen Ziel’, erklärte er. ‚Wir schaden niemandem, wir marschieren nur friedlich’, hatte Kılıçdaroğlu erwidert. Da der Marsch offensichtlich friedlich verlief, wiederholte Erdoğan seine Anschuldigung nicht allzu oft. Die Gleichsetzung des Marschs mit dem Putschversuch fand gesellschaftlich wenig Resonanz und Umfragen verdeutlichten der AKP, dass es auch innerhalb der eigenen Anhängerschaft Unzufriedenheit mit der Justiz gibt.“ (Murat Yetkin: „The Justice March is changing Turkey“)