Sehr viele waren es zugegebenermaßen nicht mehr. Die überwiegende Mehrheit der einst 800.000 arabischen Juden hatte ihre angestammte Heimat bereits verlassen. Die arabische Welt, in der Juden jahrhundertlang relativ gut gelebt hatten, hatte nur zwei Jahrzehnte gebraucht, um sich ihrer jüdischen Bevölkerungen zu entledigen. Algerien hatten die Juden massenhaft verlassen, nachdem es 1962 die Unabhängigkeit von Frankreich erlangt hatte, und nur wenige waren geblieben. Einige jüdische Nachzügler waren jedoch zurückgeblieben, teils, weil sie darauf beharrten, dass der Nahe Osten ihre Heimat war, teils, weil ihnen die Mittel zur Übersiedlung fehlten, teils, weil sie meinten, sie würden sich schon behaupten, oder wer weiß, warum. In Orten von Kairo bis nach Tunis lebten sie in kleinen Gruppen. Jene Woche im Juni, in der es zu schrecklichen antijüdischen Ausschreitungen, Brandanschlägen auf Läden, Massenverhaftungen und sogar zu Morden kam, änderte all das und beseitigte die allerletzten verbliebenen Illusionen dieser Juden, dass sie bleiben könnten.
Dass mehrere arabische Armeen, die damit gerechnet hatten, Israel zu beseitigen, ihrerseits zerrieben wurden, wissen wir natürlich. Angesichts dieser Demütigung ist die Wut in der Region verständlich. Unverzeihlich war und ist dagegen – auch nach 50 Jahren – dass die Bewohner jener Länder ihrem Ärger dadurch Ausdruck verliehen, dass sie ihn gegen die unter ihnen lebenden Juden wandten, von denen die meisten sich bewusst jeder politischen Betätigung enthalten und mit dem Ausbruch und Ausgang des Kriegs nichts zu tun gehabt hatten. (…) Damit mag das Misstrauen zusammenhängen, mit dem ich Anhänger der Boykottbewegung betrachte, die darauf beharren, BDS richte sich ‚nur’ gegen Israel und nicht gegen Juden. Ich denke dann daran zurück, wie wenig diese Unterscheidung den Juden in den arabischen Ländern nutzte. Sie ist heute so trügerisch, wie sie es vor 50 Jahren war.“ (Lucette: Lagnado: „There Were Once Jews Here“)