Der islamistische Hintergrund einer Nobelpreisträgerin

tawakkol-karmanSehr geehrter Herr Kaltenbrunner,

mit zunehmender Verwunderung habe ich im Kurier Ihr Interview mit der jemenitischen Friedensnobelpreisträgerin Tawakkol Karman gelesen. Manche Behauptungen darin sind schlicht unhaltbar. Dass der Westen etwa eine Mitschuld am Blutvergießen in Syrien habe, weil er das Assad-Regime „über Jahrzehnte“ unterstützt habe, ist einfach falsch: Das Syrien der Assads wurde und wird nicht vom Westen gefördert, sondern ganz im Gegenteil von der Sowjetunion bzw. Russland sowie vom islamistischen Regime im Iran. Dass etliche naive Politiker eine Zeit lang daran geglaubt haben, mit Bashar al-Assad wäre ein „Reformer“ an die Macht gekommen, der einen Kurswechsel Syriens vollziehen werde, war eine schlimme Fehleinschätzung, ändert aber nichts daran, dass dessen wichtigste Unterstützer nicht in London oder Washington zu Hause sind, sondern in Teheran und Moskau.

Verwundert bin ich aber vor allem darüber, dass Sie weder im Interview, noch im beigefügten Kasten mit biographischen Angaben zur Person Karmans erwähnten, dass es sich bei der Friedensnobelpreisträgerin von 2011 um eine Islamistin handelt. In der Presse war damals zu lesen: „Kritik muss sie sich indes wegen ihrer Mitgliedschaft bei al-Islah, dem jemenitischen Arm der in den 1920ern in Ägypten gegründeten Moslembruderschaft, gefallen lassen.“ Dass sich Ihr wortreiches Eintreten für gleiche Rechte aller Menschen

„mit dem Parteiprogramm von al-Islah vereinbaren lasse, ist schwer vorstellbar: Die Partei akzeptiert Selbstmordattentate gegen Israel, will außerehelichen Sex ahnden und befürwortet die Todesstrafe bei ‚Abkehr vom Islam‘. Angeführt wird al-Islah von Abdul Majeed al-Zindani, der von den USA als Terrorist gesucht wird. Er gilt als Kontaktmann zur al-Qaida.“

Dass die Muslimbruderschaft die ideologische Heimat Karmans ist, lässt manche ihrer Aussagen über Islamfeindlichkeit und den Westen sowie ihre Bekenntnisse zu Freiheit und Demokratie doch in einem etwas anderen Licht erscheinen. Ohne diese Hintergrundinformationen zu kennen, laufen die Leser des Kurier Gefahr, es bei der Lektüre des Interviews an der angebrachten Skepsis mangeln zu lassen. Dass Sie die Leserschaft nicht mit diesen Informationen versorgt haben, ist umso überraschender, als einer der beiden Autoren des zitierten Presse-Artikels von 2011, in dem auf den islamistischen Hintergrund Karmans eingegangen wurde, Stefan Kaltenbrunner war. Gestatten Sie mir die Frage, warum Sie jetzt wichtige Hintergrundinformationen zur Person Karmans beiseitegelassen haben, auf die Sie selbst vor fünf Jahren zu Recht noch hingewiesen hatten?

Mit freundlichen Grüßen,
Mag. Florian Markl
Mena Watch – der unabhängige Nahost-Thinktank


Update
: In der Online-Version des Artikels wurden die biographischen Angaben jetzt um den Hinweis auf Karmans Verbindungen zur Muslimbruderschaft ergänzt.

 

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