Der islamistische Kampf gegen den Valentinstag

Von Thomas von der Osten-Sacken

Valentine Halabja
Redakteurinnen im Flüchtlingsradio Nwe in Halabja bereiten sich auf das Valentinstagprogramm vor. Halabja gilt als Hochburg der Islamisten in Irakisch-Kurdistan

Jedes Jahr ist es ausgerechnet der Valentinstag, in Europa und den USA bestenfalls für die Kulturindustrie relevant, um ein wenig mehr Profit zu machen, an dem im Nahen Osten regelmäßig ein Kulturkampf ausbricht.

Schon Tage im Voraus hatte die iranische Regierung erklärt, wer diesen Tag begehe, werde schwer bestraft, und man werde mit aller Härte gegen alle vorgehen, die diese „dekadente westliche Kultur“ feierten. Auch Nigerias „Muslimischer Kongress“ rief die Muslime des afrikanischen Landes auf, den Valentinstag zu boykottieren, da er ‚haram‘ sei und nur der Geschäftemacherei diene. Selbst das Staatsoberhaupt Pakistans sah sich genötigt, seine Landsleute aufzufordern, den Tag nicht zu feiern, das entspräche nicht den „islamischen Werten“ des Landes.

Solche Drohungen und Aufrufe, die jede und jeden kriminalisieren, der heute eine rote Rose kauft oder ein entsprechendes Bild in sozialen Medien veröffentlicht, bewirken wenig: Längst hat ausgerechnet der Valentinstag im Nahen Osten ein Bedeutung gewonnen, die aus westlicher Sicht schwer nachvollziehbar ist und doch über die Region mehr aussagt als lange Essays.

Schon mittags etwa sind in Suleymaniah in Irakisch Kurdistan regelmäßig alle Blumenläden ausverkauft während noch aus den Moscheen gegen St. Valentin gewettert wird.

Valentines day
Valentintstag 2015 in Suleymaniah: Ausverkaufter Blumenladen

Und auch im Iran und anderswo wird man sich an die Verbote kaum halten. Was an diesem Tag zelebriert wird und so subversiv erscheint, ist die Liebe. Und mit der haben die islamischen Kleriker so große Probleme. Nicht etwa mit Sexualität, wie so oft behauptet wird. Um Sex dreht sich bei ihnen alles, nicht aber um Eros und Libido.

Wer heute im Nahen Osten sich ein rotes Kopftuch umbindet, jemandem eine Rose schenkt oder sein Profil bei Facebook ändert, protestiert damit ungleich wirkungsvoller gegen die herrschenden Verhältnisse. Davor auch haben sie so schreckliche Angst in Teheran, Riad, Islamabad und anderswo. Dass der Valentinstag sich jedes Jahr größerer Beliebtheit erfreut, zeigt nicht nur, wie bankrott der „alte“ Nahe Osten ist, sondern auch, was sich Millionen von Veränderungen erhoffen. In diesem Sinne: „Happy Valentine‘s Day“ – und wer ihn heute in Europa oder den USA begeht, kann es auch in Solidarität mit denen tun, die als Staatsfeinde behandelt werden, nur weil sie der Liebe huldigen.

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!