„Bagdad war einst eine muslimisch-jüdische Stadt. Mindestens ein Drittel der Einwohner waren Juden. 1941 wurde von irakischen Nationalisten, die mit den Nationalsozialisten in Berlin sympathisierten, ein Pogrom in Gang gesetzt, der als ‚Farhud‘ in die Geschichte eingegangen ist. Manche Historiker sprechen von 140, manche von 180 Toten, darunter Frauen und Kinder. 600 Menschen wurden verletzt. Es wären wohl noch mehr Tote und Verletzte gewesen, hätten nicht Muslime ihre jüdischen Nachbarn vor dem Mob geschützt. (…)
Auch wenn es nicht überall so massive Pogrome wie den Farhud gab, spielte sich diese Geschichte in allen arabischen Ländern, in denen Juden lebten, ähnlich ab. Im 20. Jahrhundert verließen 900.000 Juden diese Länder, 600.000 davon fanden Aufnahme in Israel. Vor der massiven Einwanderung russischer Juden in den Neunzigern waren bis zu 70 Prozent der israelischen Bevölkerung Juden aus arabischen Staaten und ihre Nachkommen. (…)
Dieser Geschichte widmet sich nun Georges Bensoussans Buch ‚Die Juden der arabischen Welt‘. Sein Untertitel lautet ‚Die verbotene Frage‘, weil, wie der Autor gleich im ersten Satz betont, diese Geschichte „bislang Gegenstand einer massiven Verleugnung“ gewesen sei. (…)
Der Autor wendet sich gegen die Verklärung der arabisch-jüdischen Beziehungen vor dem Zweiten Weltkrieg und gegen die Vorstellung, erst die Staatsgründung Israels sei Auslöser für die judenfeindliche Politik der arabischen Staaten, für die Verachtung in den muslimischen Gesellschaften gewesen. (…) (S)chon in den vorausgegangenen fünfzig Jahren, also seit Ende des 19. Jahrhunderts, berichteten viele westliche Beobachter, Kolonialbeamte, Journalisten, Reisende von der ‚Heftigkeit einer antijüdischen Stimmung‘ in den arabischen Ländern.“ (Ulrich Gutmair: „Die Wahrheit steht im Tagebuch“)
