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Der dienstälteste Antisemit der UNO-Vollversammlung

Mahathir Mohamad (Quelle: President of Russia)

Mahathir Mohamad sieht die Meinungsfreiheit gefährdet, wenn er seinen Judenhass nicht öffentlich proklamieren darf. Dieser ist ein Instrument zur Islamisierung Malaysias.

So richtig originell sind Mahathir Mohamads Ansichten nicht, aber Antisemitismus ist auch selten originell. Ihm fallen Hakennasen ein, wenn er an Juden denkt, und das Faible fürs Geldverdienen. Er geht davon aus, dass Juden mit Hilfe von Stellvertretern den Weltenlauf manipulieren, hält die Zahl von 6 Millionen ermordeter Juden im Holocaust für zu hoch gegriffen und findet, dass der Begriff des Antisemitismus sowieso nur erfunden worden sei, um berechtigte Kritik an Juden zu verhindern.

Man kann Mahathir Mohamad eines auf jeden Fall nicht vorhalten: Dass er mit seinem Antisemitismus nicht offen umgehen würde. Im Gegenteil, es treibt den malayischen Premierminister damit geradezu auf die Podien. So auch gerade wieder bei der UN- Vollversammlung. Dort erläuterte er in seiner Rede, dass Israel irgendwie schuld am Zustand des Nahen Ostens sei, an Terrorismus und „Feindschaft gegenüber den Muslimen und dem Islam“, an Flucht und Migration aus den muslimischen Ländern. Israel breche ungestraft alle internationalen Gesetze und Normen des Zusammenlebens, nein, es gebe einfach keine Gerechtigkeit in der Welt. Die muslimischen Staaten seien durch die Forderung nach Demokratie und „Regime change“ destabilisiert worden, überall würden die Muslime unterdrückt und vertrieben.

Ohne Antisemitismus auch keine freie Rede?

Es war ganz der alte Nahe Osten, den Mohamad hier beschwor, eine Welt angeblich im Dauerzustand des Opfers, drangsaliert von Israel. Und gut: Dass der 93jährige und damit weltweit älteste Regierungschef wie zwanghaft die Propaganda wiedergibt, die ihn seit Jahrzehnten begleitet hat, ist in gewisser Hinsicht vielleicht sogar verständlich. Wie der Antisemit vom Dienst bedient Mahathir Mohamad mit einer gewissen Verschmitztheit mittlerweile sein eigenes Klischee. Vor seiner diesjährigen UN-Rede, in der er auch nur dasselbe wie letztes Jahr an selber Stelle gesagt hat, absolvierte er einen Auftritt an der Columbia Universität beim „World Leaders Forum“: Dort verweilte er ebenso bei seinem Lieblingsthema wie bei Auftritten an englischen Universitäten im Januar und Juni dieses Jahres. Mahathir Mohamad weiß natürlich, was man von ihm hören muss, damit er zum Aufreger wird. In den altehrwürdigen akademischen Debattierclubs von Oxford und Cambridge verwies er auf die Freiheit der öffentlichen Rede. Wenn man nicht alles sagen dürfe, und nicht antisemitisch sein dürfe, dann gebe es auch keine freie Rede.

Man kann und wird das alles auch als persönliche Obsession Mahathir Mohamads lesen können, denn die Vehemenz, mit der er solche Gedanken äußert, übertrifft das Maß von politischem Kalkül. Jenseits seiner Idiosynkrasie aber agiert der malaysische Regierungschef ganz im Stil jenes alten Nahen Ostens, in dem Antizionismus und Antisemitismus als zynisches politisches Mittel sowohl innen wie außenpolitisches eingesetzt wurden. Das ist dabei vor allem um eines nicht geht – nämlich die Realität des israelisch palästinensischen Konfliktes, oder gar um humanitäre Fragen – ist offensichtlich.

Worum es Mohamad geht

Eine dieses Jahr veröffentlichte Studie zum Antisemitismus in Malaysia betont die Chiffrenhaftigkeit dieser vorgeblichen Solidarität mit den Palästinensern. Gesellschaftlich, politisch kulturell und zumal geographisch ist der Nahe Osten von Malaysia weiter entfernt als etwa Europa. Islam hin oder her. Ganz real ist in Malaysia seit Jahrzehnten, genauer gesagt seit den Tagen der Unabhängigkeit, dagegen ein ganz anderer Konflikt: die Stellung der Minderheiten, zumal der Chinesen. Malayische Identität wurde als politisches Programm mit malaiischer Ethnizität verbunden, die über den Islam codiert wird. Chinesen, Inder und religiöse Minderheiten wie Christen wurden und werden vielfach benachteiligt, es gab sogar antichinesische Pogrome. Malaysia offiziell zu einem „muslimischen“ Staat zu machen – bei etwas über 60% Anteil der Muslime an der Bevölkerung – ist eine Machtfrage.

Darum geht es. Das ist der Hintergrund schwerwiegender innenpolitischen Auseinandersetzungen in den letzten Jahren, bei denen Islamisten Christen etwa die Benutzung des Wortes „Allah“ verbieten wollten. Islamistische Stimmungsmache ist eine Sache – im hochkorrupten politischen System Malaysias geht es aber vor allem um Ausplünderung des Landes durch eine malaiische Elite. Da ist es schon praktisch, sich geräuschvoll an Israel – und dem „imperialistischen Westen“ – abzuarbeiten.

Mahathir Mohamad begann seine politische Laufbahn am Ende des Zweiten Weltkrieges bei Protesten gegen eine aus Sicht ethnischer Malaien zu großzügige Verleihung der malayischen Staatsbürgerschaft an Minderheiten. Und während er vor der UN so betroffen über muslimische Flüchtlinge spricht, sorgte er Ende der siebziger Jahre als stellvertretender Premierminister für einen Eklat, als er drohte, auf vietnamesische Bootsflüchtlinge bei einem Landungsversuch schießen zu lassen. In den Jahren zwischen Mahathir Mohamads erstem Rückzug aus der Politik 2003 und seiner erneuten Wahl 2018 – als eine Art Übergangskandidat bis zur Rehabiltierung des von Mohamad als Nachfolger designierten Anwar Ibrahimbereicherte sich einer seiner Nachfolger, der ehemals von Mohamad geförderte Najib Razak, mit hunderten von Millionen Dollars aus einem Staatsfond. Wenig überraschend trat auch Razak für eine weitere Islamisierung des Staates ein.

Islamisierung des Staates

Es ist genau dieses Minderheiten ausgrenzende, den Rechtsstaat und die Demokratie aushöhlende und ganz besonders islamisch daherkommende, auf Patronage und Korruption beruhende System, für dessen Entwicklung Mahathir Mohamads über Jahrzehnte stand. Und derselbe Politiker, der wenn es um Juden geht, so entschieden die freie Rede verteidigt, hat Malaysia zunehmend autokratischer werden lassen.

Ein Pfeiler der Legitimation war dabei immer die so prinzipientreue Aversion gegen Juden und Israel. 2003 forderte Mohamad bei einer Rede vor der Organisation für Islamische Zusammenarbeit „1,3 Milliarden Muslime“ dazu auf, sich zu einem „Gegenangriff“ gegen die paar Millionen Juden zusammenzuschließen, die bisher siegreich gewesen seien. Den Kampf gegen Juden und Israel führte und führt der Premier mit heroischen Beispiel an: Es gibt eine palästinensische Botschaft in Kuala Lumpur, aber malayische Reisepässe gelten nicht für Israel, Anfang des Jahrs untersagte die malayische Regierung die Einreise israelischer Sportler für die Paralympics-WM im Schwimmen, die nun ersatzweise in London stattfindet. Der Mann kann stolz auf sich sein.

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