Der Atomdeal mit dem Iran ist praktisch Geschichte, die Illusionen über ihn nicht

Stolz auf das Atom-Abkommen: EU-Außenbeauftragte Mogherini und Irans Außenminister Zarif im September 2019 in New York (imago images/ITAR-TASS)
Stolz auf das Atom-Abkommen: EU-Außenbeauftragte Mogherini und Irans Außenminister Zarif im September 2019 in New York (imago images/ITAR-TASS)

Statt über das Ende des ohnehin zahnlosen Atom-Abkommens zu jammern, sollte der Westen endlich der Realität des iranischen Atomwaffenprogramms ins Auge sehen.

Hans Rühle, Welt

Als Antwort auf die Tötung des iranischen Generals Qassem Soleimani durch die USA ließ der Iran am Sonntag verlauten, man werde sich künftig nicht mehr an das 2015 geschlossene Atomabkommen halten. Wie schon zuvor beim Austritt Washingtons aus dem Abkommen ist die internationale Aufregung über diesen Schritt groß – aber unbegründet. Denn das Atomabkommen hatte nie die Bedeutung, die ihm vielerorts zugeschrieben wird. Das Ziel, dem Iran die Option einer nuklearen Bewaffnung für die nächsten zehn bis 15 Jahre nachprüfbar zu verschließen, hätte das Abkommen nie erreichen können. (…)

Das Abkommen bezog sich hinsichtlich der die Anreicherung von Uran betreffenden Einschränkungen nur auf die 18 vom Iran gemeldeten Anlagen, einschließlich Natanz; dementsprechend kontrollierte die IAEA auch nur diese.

Die geheimen Anlagen, in denen, wie [der ehemalige CIA-Direktor] Hayden berichtet und alle westlichen Geheimdienste wissen, die Anreicherung auf waffenfähiges Niveau stattfindet, werden dagegen nicht kontrolliert. Das heißt nichts anderes, als dass die periodisch erfolgten Feststellungen der IAEA, der Iran halte das Abkommen ein, zwar zutreffend, aber völlig wertlos waren.

Man muss sich das alles noch einmal vor Augen führen: die USA, unter der Führung von Obama, sowie ihre Verbündeten schlossen mit dem Iran in voller Kenntnis der tatsächlichen Faktenlage ein Abkommen über die langfristige Verhinderung der Produktion von waffenfähigem Uran in Natanz, obwohl der Iran seit den neunziger Jahren die Produktion von waffenfähigem Uran nachweislich und ausschließlich in geheimen Anlagen der Revolutionsgarden betreibt. (…)

Die Quintessenz all des bisher Gesagten: der Iran kann weder heimlich noch legal in Natanz waffenfähiges Uran herstellen. Er bleibt diesbezüglich auf geheime Anlagen der Revolutionsgarden angewiesen. Diese Lage ist für den Iran auch nach dem Ausstieg aus dem Abkommen durchaus komfortabel: Die Öffentlichkeit diskutiert heftig und zeitraubend die Frage, wie lange der Iran noch braucht, um in Natanz genug waffenfähiges Uran für eine Bombe zu herzustellen; gleichzeitig produzieren in geheimen Anlagen der Revolutionsgarden moderne IR-2 Zentrifugen ungehindert waffenfähiges Uran und statten damit den Iran mit dem aus, was er zur Entwicklung und Produktion einer echten nuklearen Option braucht.

Das Atomabkommen hätte daher zur ungehinderten Nuklearisierung des Iran geführt. Nach den unbestreitbaren Fakten über die Bedeutungslosigkeit der Anlage von Natanz für die Produktion von waffenfähigem Uran war das Atomabkommen selbst als lediglich zeitlich begrenztes Instrument zur Verhinderung eines nuklearen Iran immer wirkungslos. Den Verbündeten der USA wäre daher zu raten, eine alte indianische Weisheit zu befolgen: Wenn das Pferd tot ist, steig ab. Das Abkommen ist Geschichte.

Der einzige „Gewinner“ dieser Situation ist der ehemalige US-Präsident Barack Obama. Er hatte durch das Abkommen erreicht, was er von Anfang an als Maxime für seine Amtszeit formuliert hatte: keine iranische Bombe und kein Krieg mit dem Iran. Den hohen Preis für diese Strategie müssen nun seine Nachfolger bezahlen.“

So ließ sich Barack Obama täuschen

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