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Der alltägliche Tugendterror der Islamischen Republik Iran gegen ihre Bevölkerung

Der alltägliche Tugendterror der Islamischen Republik Iran gegen ihre Bevölkerung
Moralpolizei kontrolliert den Schleierzwang für Frauen (Quelle: Fars News Agency, CC BY 4.0)

„Zu Sommerbeginn berichteten einige Zeitungen über einen Vorfall an einem See im Norden des Landes. Was fundamentalistische Medien als Normverstoß einstuften, bestand darin, dass einige junge Damen und Herren in Badebekleidung in dem See gebadet hatten. Weiter hieß es, die Betreffenden hätten diesen Teil des islamisch geprägten Landes wohl mit den Stränden im türkischen Antalya verwechselt, und man forderte die Verantwortungsträger auf, angemessen zu reagieren. Tage später meldeten Zeitungen ein zweites Vorkommnis dieser Art an einem anderen See, ebenfalls in Irans Norden. Der stellvertretende Provinzgouverneur stellte für solch ungebührliches Verhalten im Wiederholungsfall strafrechtliche Konsequenzen in Aussicht. (…)

[E]in Parlamentarier [sorgte] für Schlagzeilen mit seiner Kritik an den zahlreichen Abendveranstaltungen der in Teheran ansässigen diplomatischen Vertretungen. Er fand es zudem empörend, dass man in deren Räumlichkeiten unter Missachtung islamischer Sitten und Bräuche auch während des Ramadan Alkohol reiche. Der Parlamentspräsident beauftragte den Ausschuss für Staatssicherheit und auswärtige Angelegenheiten, sich der Sache anzunehmen. Fast zeitgleich gab der Chef der Teheraner Polizei die Schließung von 567 Luxusrestaurants in der Hauptstadt bekannt und begründete sie mit Verstößen gegen islamische Sitten und Gebote und mit dem unerlaubten Abspielen von Musik.

Weit heftigere Empörung aber löste das für Frauen geltende Verbot aus, in der Öffentlichkeit Eis zu schlecken. Schon kurz nach dessen Verhängung fanden sich, erstaunlicherweise, in den sozialen Netzwerken Bilder von Frauen, die dem Vergnügen des Eisschleckens hingebungsvoll und betont erotisch frönten. Der losbrechende Sturm der Entrüstung zwang die Leiterin der Frauenbrigade der regimetreuen Basidsch-Milizen, auf deren Initiative die Vorschrift zurückging, sie umgehend aufzuheben.

Solche Meldungen halten die Bevölkerung nicht lange in Atem. Jede einzelne wird rasch von neuen Schlagzeilen verdrängt. Siebzig Frauen festgenommen, weil sie an einem zentral gelegenen Platz in der Hauptstadt Fahrrad gefahren waren, zwanzig andere Frauen verhaftet, weil sie auf ihren Festen, westlichen Lebensgewohnheiten gemäß, ausgelassen gefeiert und getanzt hatten.“ (Amir Hassan Cheheltan, Neue Zürcher Zeitung: „Eis schlecken verboten – während über Iran die Drohung eines grossen Krieges hängt, findet der Kleinkrieg im Innern täglich statt“)

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