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Wie Medien hierzulande den Jahrestag der Auschwitz-Befreiung begehen

Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz
Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz (Imago Images / ZUMA Press Wire)

Während der Spiegel fragt, ob die Juden denn gar nichts aus dem Holocaust gelernt hätten, bittet Ö1 eine UNO-Mitarbeiterin zum Gespräch, die behauptet, die »jüdische Lobby« hätte Amerika unterworfen.

Dieser Tage jährte sich zum 80. Mal die Befreiung der wenigen überlebenden Häftlinge des NS-Vernichtungslagers Auschwitz. In zahlreichen Veranstaltungen, Zeitungsartikeln sowie Radio- und Fernsehsendungen wurde dieses Ereignisses gedacht, wurde gemahnt, die Erinnerung wachzuhalten, die Vergangenheit nicht zu vergessen und Lehren aus den präzedenzlosen Verbrechen des NS-Regimes (und seiner vielen willigen Kollaborateure) zu ziehen.

Im deutschen Wochenmagazin Spiegel fand man eine ganz eigene Art, der Befreiung der Überlebenden von Auschwitz zu gedenken: Man lud mit dem in den USA lehrenden israelischen Historiker Omer Bartov jemanden zum Interview, der bereits rund einen Monat nach dem Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober 2023 davor warnte, Israel stehe kurz davor, im Gazastreifen einen »Völkermord« zu begehen und sich damit zu einem frühen und bevorzugten Stichwortgeber all jener Israel-Hasser machte, die Israel einen »Genozid« andichten.

Pünktlich zum Gedenktag der Befreiung von Auschwitz fragte Spiegel-Journalist Thore Schröder jedenfalls frei von der Leber weg: »Dient der Holocaust den Israelis nicht als Lehre der Menschlichkeit?« Auschwitz war demnach offenbar nicht Ort eines fürchterlichen Massenmords an Juden, sondern ein Grundkurs in Sachen »Menschlichkeit« – den ausgerechnet die Juden, Verzeihung: die Israelis nicht bestanden hätten. Geht es nach dem Spiegel-Journalisten, hätte Israel auf die Ermordung von fast 1.200 Landsleuten durch die Hamas wohl mit Friedensmärschen und Kumbaya-Gesängen reagieren sollen, nicht aber mit einem Krieg gegen die verantwortliche Terrororganisation, die aus ihrem Ziel, auch noch den letzten Juden weltweit zu ermorden, gar kein Geheimnis macht.

Bartov nahm die ungeheure Steilvorlage gerne auf, fand sie aber noch zu harmlos: »Im Gegenteil«, antwortete er, der Holocaust sei für Israelis eine »Lehre der Unmenschlichkeit. Um es ganz deutlich zu sagen, der Holocaust dient den jüdischen Israelis dazu, sich selbst als außerhalb jeglicher moralischen und ethischen Grenzen, die für andere Menschen gelten, zu begreifen.« Ob man diese Aussage nun als modernisierte Version der antisemitischen Klage über die Juden als »auserwähltes Volk« versteht oder aber als Feststellung, die Israelis hätten sich aus der Menschheit verabschiedet – sie liefert Antisemiten genau jenes Futter, das nur von einem jüdischen Kronzeugen zur Verfügung gestellt werden kann.

Kein Platz für Antisemitismus?

Aber der Spiegel war nicht das einzige Medium, das den Jahrestag der Befreiung von Auschwitz zum Anlass genommen hat, um ordentlich gegen Israel vom Leder zu ziehen. Im österreichischen Radiosender Ö1 bat Renata Schmidtkunz am vergangenen Freitag ausgerecht »Global Anti-Semitism’s Leading Lady« (© Commentary), Francesca Albanese, zum Gespräch. Jene Dame, die einst beklagte, dass die USA von einer »jüdischen Lobby« unterworfen worden seien, was selbstverständlich kein Hindernis dafür darstellte, sondern vielmehr mit dazu beigetragen haben dürfte, dass sie 2022 zur UN-»Sonderberichterstatterin für die besetzten palästinensischen Gebiete« ernannt wurde.

So plauschte also Schmidtkunz, die schon seit geraumer Zeit kaum ein gutes Haar an Israel lässt und speziell seit dem 7. Oktober 2023 auf ihrem X-Account geradezu obsessiv auch noch die wüsteste israelfeindliche Propaganda teilt, fast eine Stunde lang mit Frau Albanese, die vor wenigen Wochen einem offenen Antisemiten immerhin soweit »entgegengetreten« ist, dass sie ihm auf X antwortete, nicht alle Juden, sondern nur Israelis würden Menschenfleisch essen.

Wer an Interviews wie jenem mit Bartov im Spiegel oder Albanese auf Ö1 zu verzweifeln droht, der möge sich von den vielen Gedenkrednern dieser Tage aufbauen lassen, die ein ums andere Mal beteuern, »Antisemitismus hat in unserem Land keinen Platz«. Na dann.

Dies ist ein Auszug aus unserem Newsletter vom 29. Januar. Wenn Sie den nächsten Newsletter erhalten möchten, melden Sie sich an!

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