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Das syrische Regime verschleiert systematisch die Ausmaße der Corona-Krise

In Syrien kommt es zu einem rasanten Anstieg der Corona-Fälle
In Syrien kommt es zu einem rasanten Anstieg der Corona-Fälle (© Imago Images / ITAR-TASS)

Inoffiziellen Schätzungen zufolge gibt es allein in der Hauptstadt Damaskus fast vierzigmal so viel Infizierte wie die Regierung für das gesamte Land meldet.

Martin Gehlen, Frankfurter Rundschau

In Syrien geht die Panik um. Offiziell hat das Imperium von Bashar al-Assad die Corona-Pandemie im Griff. An die Weltgesundheitsorganisation WHO meldeten die Behörden bisher lediglich 2900 Infektionen und 120 Todesfälle. In Wirklichkeit jedoch ist die Lage längst außer Kontrolle geraten. Damaskus schwirrt von Gerüchten.

Aus der Gesundheitsverwaltung sickerten inoffizielle Schätzungen durch, nach denen es allein in der syrischen Hauptstadt mittlerweile mehr als 110.000 Infizierte gibt. Das zerrüttete Gesundheitssystem ist total überfordert, die überfüllten Krankenhäuser nehmen niemanden mehr auf. Kranke brechen in der Notaufnahme zusammen. Covid-19-Patienten liegen auf den Fluren, ohne dass sich jemand um sie kümmert. „Es ist wie in einem Horrorfilm“, sagte eine Augenzeugin. (…)

Erkrankt an Corona sind auffallend viele Mediziner und Krankenschwestern. Denn ein Teil der von der WHO gelieferten Masken und Schutzkleidung kommt offenbar nicht in den Hospitälern an, sondern wird in den Magazinen des Regimes gehortet. Allein im August starben nach Angaben der Regierung 76 Klinikmitarbeiter an dem Virus, während die Gesamtzahl der Toten mit 120 angegeben wird. „Die offiziellen Zahlen vermitteln ein Bild, das mit der Realität nichts zu tun hat“, urteilte die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ (HRW). (…)

Den im März verhängten landesweiten Lockdown hob das Regime schon bald wieder auf, um die ramponierte Volkswirtschaft nicht weiter zu strapazieren. Seitdem tappt die Bevölkerung im Dunkeln und befürchtet, dass das Virus jetzt völlig ungebremst grassiert. In einer kurzen Audionachricht, die in sozialen Medien kursiert, berichtete ein ungenannter Arzt der Al-Mouwasat-Universitätsklinik in Damaskus, die Zahl der Covid-19-Patienten steige rasant. Viele Familien klagten, bei ihren Angehörigen seien als Todesursachen „Lungenversagen“ oder „Lungenentzündung“ eingetragen worden, um das wahre Ausmaß der Pandemie zu vertuschen.

(Aus dem Artikel „Es ist wie in einem Horrorfilm“: Corona-Pandemie wütet in Syrien“, der in der Frankfurter Rundschau erschienen ist.)

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