Türkei: Erdogans Probleme mit der Jugend des Landes

Erdogan zeigt den Gruß der islamistischen Moslembruderschaft
Erdogan zeigt den Gruß der islamistischen Moslembruderschaft (© Imago Images / Depo Photos)

Während Erdogan an der Wahlurne Erfolge erzielt, geht seine weiterreichende Agenda nicht auf: die türkische Jugend wird areligiöser, und die Geburtenrate sinkt.

Burak Bekdil, Middle East Forum

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat seit der Machtübernahme seiner AK-Partei (Gerechtigkeit und Entwicklung) im November 2002 keine einzige Wahl – einschließlich Kommunalwahlen und Referenden – verloren. Für einen Politiker gilt ist dies als eine makellose Leistung. Aber Erdogan will mehr als nur eine Wahl nach der anderen gewinnen. Im Jahr 2012 erklärte er es als seine politische Mission, „gläubige Generationen heranzuziehen“. Das ist eine weitaus ehrgeizigere Mission, als nur an der Wahlurne zu gewinnen.

Glaubwürdige aktuelle Umfragen deuten allerdings darauf hin, dass Erdogan diese umfassendere politische Mission in seiner 18-jährigen Regierungszeit nicht erfüllen konnte.

Optimar, ein türkisches Meinungsforschungsinstitut, fand heraus, dass sich im Jahr 2017 99% der Türken als Muslime identifizierten, während im Jahr 2019 diese Zahl auf 89,5% gesunken war. Konda, ein anderes Institut, stellte 2019 fest, dass türkische Jugendliche sich weniger wahrscheinlich als der Rest Bevölkerung als „religiös konservativ“ bezeichnen würden. Sie fasteten auch seltener, beteten seltener regelmäßig oder bedeckten, wenn sie weiblich waren, seltener ihre Haare. (…)

Ein weiteres Versagen von Erdogans Bevölkerungspolitik ist das Ergrauen der Türkei. Seit 2008 hat der islamistisch-populistische Führer türkische Familien wiederholt aufgefordert, mindestens drei Kinder zu haben – „wenn möglich vier oder fünf“. Ohne Namen zu nennen, rechtfertigte Erdogan diese Forderung als Verteidigung gegen „jene [ausländischen Verschwörer], die unsere Nation vernichten wollen.“

Entgegen der Babyboom-Kampagne Erdogans sank die Zahl der gesunden Geburten in der Türkei um 3,6% auf 1,248 Millionen im Jahr 2018 gegenüber 1,295 Millionen im Jahr 2017. Die Geburtenrate fiel von 2,07 auf 1,99, was bedeutet, dass die Türkei sich weiterhin unter der Rate von 2,1 befindet, die erforderlich ist, um die Bevölkerungszahl auf dem derzeitigen Niveau zu halten.

Trotz seiner unangefochtenen Popularität, Macht und autoritären Herrschaft widerspricht die demographische Entwicklung der Türkei Erdogans Diktat einer islamistischen Bevölkerungspolitik. Türkische Familien ignorieren seine Anweisung, mindestens drei Kinder zu bekommen, und seine jüngeren Unterstützer sind bereit, ihre Sachen zu packen und in ein christliches Land zu ziehen.

Dies ist nicht das demographische Bild, von dem Erdoğan träumte, aber es ist die natürliche Folge seiner Politik. Wie ich bereits früher angedeutet habe: „Vielleicht besteht der beste Dienst Erdogans an seinem Land darin, jungen Türken zu zeigen, was es tatsächlich bedeutet, unter einem islamistischen Regime zu leben.“

Turkey’s Demographics Defy Erdoğan’s Designs

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