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Was bitte hat Trump mit Hitler zu tun?

Trumps Erlasse werden generell scharf beobachtet. Besonders das temporäre Einreiseverbot für Menschen aus sieben mehrheitlich-muslimischen Ländern sorgt für Aufruhr. Eilfertige Beobachter lassen sich zu ebenso hastigen wie gefährlichen Schlüssen hinreißen. Sie setzen Trump mit Hitler gleich, assoziieren kritische Aussagen gegen den Islam mit Nazi-Propaganda und erklären Flüchtlinge aus den arabischen Ländern zu „neuen Juden“. Yvette Schwerdt entlarvt diese Vergleiche als gedankenlos und populistisch. Hier erklärt sie, warum.

Ein Spiegel-Titelblatt macht dieser Tage Schlagzeilen. Die Illustration zeigt Donald Trump — breitbeinig, triumphierend und großmäulig — mit blutigem Schwert in der einen Hand und dem durchtrennten Kopf der Freiheitsstatue in der anderen. Die Aufmachung soll satirisch, die Aussage aber bitterernst sein. Der neue US-Präsident, so die Botschaft, hat mit seinem einstweiligen Einreiseverbot die „amerikanische Freiheit“ enthauptet und mutiert damit zum ISIS-Schlächter im Maßanzug. Der Vergleich ist spektakulär, aber nicht wirklich originell.

Trump wird gerne und oft mit den schlimmsten Bösewichten der Geschichte gleichgesetzt. Im Rating ganz oben: die Trump-Hitler-Parallele. Schon 2015 zeigte die Philadelphia Daily News ein Trump-Bild mit der Überschrift „The New Furor“. Die Konnotation mit „The New Führer“ ließ sich, auch aufgrund seiner zum Gruß erhobenen rechten Hand, nicht übersehen. Das deutsche Handelsblatt fragte kühn: “Wie viel Hitler steckt in Donald Trump?”. Zahlreiche Medien zogen mit ähnlichen Vergleichen nach. Sie setzen damit so geschichtsfern wie gedankenlos voraus, Hitlers Verbrechen habe darin bestanden, Juden pauschal an der Einreise nach Nazi-Deutschland zu hindern.

Zugegeben: Trumps Einreisestopp gegenüber sieben Ländern ist diskussionswürdig. Die Bandbreite der Argumente reicht von Terrorprävention zu Nationalismus und Rassismus. Der Vorwurf „anti-muslimisch“, als Gegenstück zu „anti-semitisch“ lässt sich aber schwerlich aufrechterhalten. Von den (PewResearch Center) 49 mehrheitlich-muslimischen Ländern sind nur sieben betroffen, und diesen sieben Ländern, allen voran dem Iran, wird international vorgeworfen, Terror zu finanzieren, zu exportieren und zu unterstützen.

Wie kommt es also zu den verzerrten Vergleichen? Die Antwort liegt für Experten auf der Hand: Unser Gehirn vereinfacht gerne. Dieses schlichte Phänomen wird von Propagandisten, Populisten und Medienmachern erfolgreich genutzt, um Botschaften zu vermitteln und Meinungen zu „bilden.“

Will man Muslime vom Terrorimage mit Hilfe des Opferimages befreien, bietet sich die simplifizierte Gleichsetzung zwischen muslimischen Flüchtlingen von heute und jüdischen Flüchtlingen von einst an. So lässt sich auch die Aussage von Dana Milbank verstehen, der in der Washington Post schreibt: „Die zunehmenden Aufrufe, Menschen abzuweisen, die um ihr Leben kämpfen, erinnert an die SS St. Louis, das Schiff mit den jüdischen Flüchtlingen, das 1939 von Florida abgewiesen wurde.“ Derselben Logik folgt wohl auch sein Blogger-Kollege Ishaan Tharoor, wenn er versichert: „Heute scheint die dreijährige syrische Waise das deutsch-jüdische Kind von 1939 zu sein.“

Sicher: Die Notlage von Flüchtlingen ist immer eine menschliche Katastrophe. Ein Blick in die reale Welt zeigt aber: Im Gegensatz zu den europäischen Juden im zweiten Weltkrieg sind die meisten syrischen Asylanten nicht unmittelbar von KZ-Deportation und Gaskammertod bedroht. „Sie verlassen Flüchtlingslager in Jordanien, Libanon und der Türkei“, schreibt James Kirchik im Tablet Magazine. Dort seien die Zustände zwar „nicht gerade ideal“, mit Ausschwitz ließen sie sich aber auch nicht vergleichen. Syrische Asylanten fliehen von einem blutigen Krieg, nicht aber vor der gezielten, religiös-rassistischen Menschenjagd, der seinerzeit europäische Juden, ungeachtet ihres Alters oder ihrer Gesinnung, ausgesetzt waren. Zudem hatten Juden in der Shoah kein Israel und damit keinen sicheren Zufluchtsort. Als „Freiwild“ waren sie ihren Peinigern schutzlos ausgeliefert. Bei Muslimen ist das anders. In der arabischen Halbinsel könnten zahlreiche, wohlhabende, islamische Länder ihren Glaubensgenossen sehr wohl helfen. Dass sie, wie das Wall Street Journal bereits im November letzten Jahres monierte, sich konsequent zurückhalten, verdient Beachtung und verlangt Hinterfragung. Bleiben die sozialen, kulturellen und politischen Eigenheiten der beiden Gruppen. Jüdische Flüchtlinge haben die liberalen, demokratischen Werte ihrer Gastländer geteilt, haben sich gesellschaftlich integriert und wirtschaftlich rasch „gerechnet“. Dass sie sich von radikalen, terroristischen Elementen beeinflussen lassen könnten, oder dass sie die westliche Kultur von innen her aufweichen würden, stand ebenfalls nie zu befürchten.

Nein, die obenstehenden Holocaust-Vergleiche machen keinen Sinn. Schlimmer noch, sie sind gefährlich, weil sie den Holocaust trivialisieren und ihn für demagogische Zwecke instrumentalisieren. Selbst Kritiker von Trump und seiner Politik warnen denn auch vor den Konsequenzen. „Wenn wir gegenstandslose Nazi-Vergleiche anstellen, dann verliert der Holocaust seine Schockwirkung“, schreibt James Marshall Crotty in der Huffington Post. Genau das dürfe aber nicht passieren, so der Kolumnist weiter, denn wir würden damit die Möglichkeit verspielen, etwas wirklich Diabolisches rechtzeitig zu identifizieren und zu stoppen.

Der Rat von James Marshall Crotty klingt vernünftig. Er hat sich aber, gerade in Sachen Trump-Kritik, wohl noch nicht durchgesetzt, wie, unter anderem, die Diskussionsteilnehmer der Schweizer TV-Sendung Arena belegten. In der Arena-Sendung vom 3. Februar dieses Jahres diskutierten sie über das Trendthema Trump-Einreiseverbot. Es dauerte nicht lange, da zog der Moderator, Jonas Projer, schon die ersten Holocaust-Parallelen. Er verglich das Stürmer-Statement: „Judentum ist Verbrechertum“ mit der Aussage „Islam ist eine Religion der Gewalt“, die man, wie er versicherte, „jetzt öfters hört“.

Der Religion mag die Gewalt nicht vorzuwerfen sein, dafür aber jenen, die Gewalt in ihrem Namen üben. Laut dem jüngsten Global Terrorism Index zeichnen islamistische Gruppen für 74% aller tödlichen Terrorattacken verantwortlich. Ein trauriges Beispiel: Der Anschlag auf das Charlie-Hebdo Team, bei dem zwölf Menschen ausgerechnet aufgrund eines provokativen Titelblatts hingerichtet wurden. Sie hatten eine Karikatur von Mohammed auf das Cover ihres Satiremagazins gesetzt.

Moderator Jonas Projer vom Schweizer Fernsehen bot jedenfalls ein Fallbeispiel für eine weitere, haarsträubende Holocaust-Analogie. Eine Analogie, die sich als Menschenliebe maskiert, in Wirklichkeit aber Meinungen manipuliert und Schaden anrichtet. Denn, so schreibt Alex Feuerherdt in Audiatur-Online: “mit jedem Holocaustvergleich – gleichgültig, aus welcher Motivation heraus er geschieht – wird die tatsächliche Shoa[h] immer noch ein bisschen mehr relativiert, trivialisiert und banalisiert.”

(Zuerst erschienen auf Audiatur Online.)

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