Viele Libanesen sind empört, dass die Hisbollah das Virus noch aus Syrien und dem Iran einschleppen konnte, nachdem die Grenzen des Landes bereits geschlossen worden waren.
Wolfgang Greber, Die Presse
Die mächtige schiitisch-islamistische Gruppierung Hisbollah im Libanon ist angesichts der Covid-19-Epidemie unversehens in gröbere Probleme geraten: Wie mehrere Quellen auch aus ihrem militärischen Arm, der Hisbollah-Miliz, berichten, hätten zahlreiche Kämpfer, Führungsfiguren und Geistliche, die aus dem von Corona besonders schwer getroffenen Iran sowie aus Syrien zurückkamen, die Viren eingeschleppt und Menschen im Libanon angesteckt. Die Hisbollah-eigenen Spitäler etwa in Beirut seien voller Corona-Kranker und überlastet. Funktionäre und hohe Offiziere hätten sich angesteckt oder gälten als Verdachtsfälle. (…)
[D]ie Hisbollah, die rund zehn Prozent der Sitze im Parlament innehat, [dürfte] in den kommenden Monaten an diesem Virenimport politisch und hinsichtlich ihrer Reputation schwer zu tragen haben. Immerhin seien viele ihrer Mitglieder aus dem Iran, dem Irak und Syrien noch ins Land geströmt, obwohl die zivile Regierung die Grenzen schon gesperrt hatte. (…)
Der Unmut über die Hisbollah ist laut Angaben mehrerer ihrer Funktionäre und Offiziere gerade auch in den Hisbollah-dominierten Regionen in Teilen Beiruts, im Südlibanon und in der Bekaa-Ebene im Hinterland an der syrischen Grenze groß. Es heißt, ihre politische Machtbasis dort sei „von Covid-19 schwer getroffen”. Dabei konnte sich das Virus dort umso leichter ausbreiten, als die sozialen Strukturen in diesen Regionen besonders dicht und um die Hisbollah herum gestrickt seien.
Islamistenmiliz Hisbollah im Libanon wegen Corona in der Defensive