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Corona bringt auch Schwierigkeiten für Asylsuchende in Israel

Im Stadtviertel Neve Shaanan wurde ein Corona-Testzentrum für Menschen ohne Krankenversicherung eröffnet
Im Stadtviertel Neve Shaanan wurde ein Corona-Testzentrum für Menschen ohne Krankenversicherung eröffnet (Quelle: Roi Boshi, CC BY-SA 3.0)

Da Asylsuchende nicht krankenversichert sind, sucht man Lösungen, ihnen dennoch Corona-Testmöglichkeiten zu Verfügung zu stellen.

Asylsuchende, die bereits vor dem Ausbruch des Coronavirus eine sozialbenachteiligte Bevölkerungsgruppe waren, haben es in Israel durch die COVID-19 Krise besonders schwer. Seit Beginn letzten Monats sind über 50% der in Israel lebenden Asylsuchenden arbeitslos. Sie können nicht wie Staatsbürger finanzielle Unterstützung vom Staat beziehen. Viele Asylsuchende sind im Gastronomie-Gewerbe tätig, doch da alle Restaurants, Cafés und Bars geschlossen haben, gibt es auch hier keine Arbeit mehr.

Unbürokratische Lösungen

Viele überlegen an Stelle dessen, Jobs in Supermärkten anzunehmen. Die Ansteckungsgefahr ist hier sehr hoch, und sie könnten ihre Familien dadurch gefährden, denn Asylsuchende sind in Israel nicht krankenversichert, weswegen sie sich auch nicht testen lassen können. Das israelische Gesundheitsmagistrat versucht deshalb Lösungen zu finden, auch ohne Krankenversicherung ärztliche Hilfe zu gewährleisten.

Anfang April hat beispielsweise ein Coronavirus-Test-Zentrum in Neve Sha‘anan aufgemacht, einem Tel Aviver Stadtviertel, in dem viele Asylsuchende und Obdachlose zu Hause sind. Das Zentrum soll ihnen die Möglichkeit einer Testung geben, sobald Symptome auftreten. Um sprachliche Missverständnisse bzw. Verständigungsschwierigkeiten zu vermeiden, werden Informationen vom Gesundheitsmagistrat in andere Sprachen übersetzt, wie zum Beispiel Tigrinya (offizielle Landessprache Eritreas).

Finanzielle Unterstützung

Asylsuchende müssen monatlich 20% ihres Einkommens in einen Fond einzahlen. Das Geld erhalten sie, sollten sie Israel verlassen. Dies soll Asylsuchende ermutigen, in ihre Herkunftsländer zurückzukehren, erschwert aber zugleich eine Integration in Israel.

Da sie während der Isolation keine staatliche Unterstützung bekommen, sollen Asylsuchende nun einen Anteil ihres Geldes aus diesem Fonds erhalten. Menschenrechtsorganisationen fordern eine komplette Ausbezahlung, während Pro-Abschiebungsaktivisten ihn vollkommen unangetastet lassen wollen. Diskutiert wird nun, dass monatlich maximal 2000-2500 Shekel (519,60-649,50 Euro) dem Fonds entnommen werden dürfen. Dieser Plan betrifft allerdings nur 17.000 der 31.000 Asylsuchenden in Israel. Die restlichen 14.000 haben, weil sie arbeitslos sind, entweder gar keinen Fonds oder nur eine sehr geringe Geldsumme darin.

Ron Huldai, der Bürgermeister von Tel Aviv, kritisiert den Plan denn auch: „Niemand kann in Tel Aviv von einer derart geringen Summe leben.“ Viele sind nun gefährdet, ihre Wohnungen nicht mehr bezahlen zu können und auf der Straße zu landen. Vermieter drohen bereits jetzt, Asylsuchende aus ihren Wohnungen zu werfen. „Nächsten Monat wird niemand von uns mehr Miete zahlen können oder genügend Geld für Nahrungsmittel haben”, sagt Baharana Negasi, ein Aktivist für Asylsuchende in Israel.

Diese sind nun auf die Hilfe von NGOs und Freiwilligen angewiesen. Einige NGOs – wie die Aid Organization for Refugees and Asylum Seekers in Israel (ASSAF) oder das African Refugee Development Center (ARDC) – versorgen Asylsuchende mit Essenspaketen und psychologischer Betreuung.

Psychische Schwierigkeiten

Viele Flüchtlinge leben auf sehr engem Raum zusammen. Die Mieten in Israel sind hoch und die Einkommen gering. Es ist keine Seltenheit, sich eine Einzimmerwohnung mit drei Mitbewohnern zu teilen.

Das macht die Isolation besonders schwer, da die Maßnahmen in Israel sehr streng sind. Man darf sich hier bereits seit Wochen nur noch 100m vom Wohnsitz entfernen. Seit Sonntag sind es für sportliche Aktivitäten 500m. Außerdem leiden viele Asylsuchende unter psychischen Traumata. Ihre mentale Gesundheit sei durch die derzeitige Situation sehr gefährdet, so Tali Ehrenthal, der Vorsitzende von ASSAF.

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