Unter dem Schlagwort des Dialogs kritisieren deutsche Intellektuelle und „Kulturschaffende“ nicht die Forderung nach Israelboykott, sondern warnen vor der Ausgrenzung der Boykotteure.
Caroline Fetscher, Tagesspiegel
„Israelkritik“ ist längst ein eigenes Politgenre und wird zunehmend auch von der Linken bedient. Unter „Israel“ versteht die postkoloniale Theorie „die letzte, verbliebene Kolonialmacht“, die Palästinenser sieht sie hingegen als die weltweit am stärksten unterdrückte Bevölkerungsgruppe an. Dass Israel, bei allen politischen Fehlern und trotz einer nationalkonservativen Regierung, als einzige Demokratie im Nahen Osten Freiheiten für Lesben, Schwule und trans Personen bietet, wird in diesem Rahmen gern als perfides „Pinkwashing“ eingeordnet. (…)
Wenn die deutschen Kulturschaffenden jetzt behaupten, die Weigerung, Israel-Boykotteuren Staatsgelder zukommen zu lassen, sei „Racial Profiling durch die Hintertür“, ist das auf fast komische Weise entlarvend. Indirekt räumen sie damit ihre eigene Projektion ein, kulturelle Partner aus dem „globalen Süden“ kämen ohne Israelfeindschaft nicht aus. Will man Rapper aus arabischen Staaten einladen, die allemal cooler wirken als Klezmermusiker, käme man kaum umhin, so suggeriert die Profiling-These, zugleich „Israelkritiker“, die subkutan mit antisemitischen Ressentiments argumentieren, an Bord zu hieven.