Seit Anfang dieses Jahres hat der Shin Bet über dreißig Bombenanschläge und über dreihundert geplante Schussattentate vereitelt.
Yaakov Lappin
Der Doppelbombenanschlag vergangenen Mittwoch in Jerusalem erschütterte ganz Israel, denn es handelte sich um eine andere Art von Anschlägen als jene, an die sich die Israelis seit März dieses Jahres, als die jüngste Eskalation begann, leider gewöhnt haben. Im Gegensatz zu Einzelpersonen oder kleinen Gruppen von Terroristen, die auf der Grundlage einer radikalen Ideologie und der Aufhetzung zu Gewalt zu einer Pistole oder einem Messer griffen oder eine Rammattacke mit einem Auto verübten, zündete diesmal eine besser organisierte Terrorzelle an Bushaltestellen zwei Bomben, die offenbar ferngesteuert waren.
Die Polizei und der Shin Bet haben ihre unmittelbaren Untersuchungen und Fahndungen beendet, wodurch sich die Jagd nach den Tätern nun auf die Geheimdienstfront verlagern wird. In der Zwischenzeit wird das Sicherheitspersonal rund um die Uhr daran arbeiten, den nächsten Bombenanschlag zu verhindern, indem es Busse und Bushaltestellen durchsuchen und herauszufinden versuchen wird, wie die Terroristen in den Westen Jerusalems gelangen konnten.
Wer war es?
Es ist noch zu früh, um zu wissen, wer oder welche Organisation den Anschlag verübt hat, aber es ist evident, dass die Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) in den letzten Jahren eine führende Rolle beim Bombenterror per Fernzündung gespielt hat.
Letzte Woche wurde eine Autobombe, die wahrscheinlich ferngezündeten Sprengstoff enthielt, von den israelischen Verteidigungskräften in der Westbank entdeckt, nachdem das Auto vorzeitig Feuer gefangen hatte. Im August 2019 zündete eine PFLP-Zelle eine ferngesteuerte Bombe in Dolev, das ca. 27 Kilometer nordwestlich von Jerusalem liegt, tötete dabei ein 17-jähriges israelisches Mädchen und verletzte ihren Vater und ihren Bruder schwer. Die Mitglieder dieser Terrorzelle wurden später verhaftet.
Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Bedrohung der israelischen Zivilbevölkerung durch palästinensische Terroristen stets hoch ist, unabhängig davon, ob es konkrete Warnungen vor Anschlägen gibt, auf die die Sicherheitskräfte mit Razzien in Terrorzentren wie Dschenin und Nablus reagieren können, oder ob es allgemeinere sind.
Nach Angaben von Alon Levavi, einem leitenden wissenschaftlichen Mitarbeiter des Miryam-Instituts und ehemaligen stellvertretenden Kommissar der israelischen Polizei, werden im Bezirk Jerusalem und an der Grenze zum Westjordanland Polizeiverstärkungen eintreffen, und gemeinsame Anstrengungen von Polizei, Shin Bet und IDF unternommen, um möglichst viele Informationen darüber zu sammeln, wie es zu dem Doppelanschlag vom Mittwoch kam.
Neue Generation an Terroristen
Seit Beginn dieses Jahres hat der Shin Bet nicht weniger als 34 Terroranschläge mit Bomben vereitelt sowie 330 geplante Angriffe mit Schusswaffen, 54 Attacken mit Messern, fünf Anschläge auf Autos, zwei Selbstmordattentate und drei Entführungen.
Michael Milstein, ehemaliger Berater für palästinensische Angelegenheiten in der Abteilung des Koordinators für Regierungsaktivitäten in den Gebieten (COGAT) des israelischen Verteidigungsministeriums und ehemaliger Leiter der Abteilung für palästinensische Angelegenheiten im Direktorat des militärischen Nachrichtendienstes der IDF, sagte während einer von Media Central organisierten Telefonkonferenz, es habe bei der zweiten Intifada (2000 bis 2005) zwar viel mehr Anschläge und Opfer gegeben. »Dieses Mal sind sowohl wir als auch die Palästinenser aber sehr viel besorgter über die Ergebnisse der aktuellen Eskalationswelle, weil sie tiefgreifende Entwicklungen in der palästinensischen Arena und in den Beziehungen zwischen Israel und den Palästinensern widerspiegeln.«
Milstein wies auf den Aufstieg einer jungen Generation: »den Aufstieg der Generation Z in der palästinensischen Arena« hin, die seiner Meinung nach hinter »dem Großteil des Terrorismus in der Region Samaria, in Nablus und Dschenin« stecke. Es handelt sich um Gruppen jüngerer Palästinenser, von denen die meisten um das Jahr 2000 herum geboren sind. Viele von ihnen haben keine Beziehungen zur Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) oder gar zur Fatah. »Sie empfinden eine tiefe Entfremdung gegenüber der Palästinensischen Autonomiebehörde«, sagte er.
Da die Palästinensische Autonomiebehörde ihren Einfluss in Teilen der Westbank an bewaffnete Terrorbanden verloren hat und ihr Ansehen unter den Palästinensern nicht zuletzt wegen Korruption, Vetternwirtschaft und Menschenrechtsverletzungen auf einem historischen Tiefpunkt angelangt ist, sieht die derzeitige Situation nicht vielversprechend aus, so Milstein.
Israel verfügt über ein breites Spektrum an militärischen Maßnahmen, die zur Bekämpfung des Terrorismus eingesetzt werden können, aber ein wichtiges Instrument, auf das sich Israel in den letzten fünfzehn Jahren ebenfalls verlassen hat, um die Stabilität zu erhöhen – wirtschaftliche Erleichterungen für Palästinenser, die im Westjordanland leben –, scheint seine Wirksamkeit zu verlieren.
All dies führt zu einer kontinuierlichen Verschlechterung der Sicherheitslage. Auch wenn die israelische Bevölkerung dank ihrer Widerstandsfähigkeit und der hohen Professionalität der israelischen Sicherheitskräfte weiterhin entschlossen gegen den Terrorismus vorgehen wird, könnten schwierige Zeiten bevorstehen.
Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung von Alexander Gruber.)