Beweise gegen UNRWA-Mitarbeiter schwerwiegender als von UN-Ermittlern angegeben

Guterres-Sprecher Farhan Haq sagt, UNRWA-Mitarbeiter hätten »wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich« an Hamas-Massaker teilgenommen
Guterres-Sprecher Farhan Haq sagt, UNRWA-Mitarbeiter hätten »wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich« an Hamas-Massaker teilgenommen (Quelle: UN Multimedia)

UN-Sprecher räumt ein, dass neun UNRWA-Mitarbeiter, die laut Bericht »möglicherweise« am Hamas-Massaker vom 7. Oktober beteiligt waren, dies »wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich« getan haben.

Mike Wagenheim

Mehrere Medien und Israelkritiker beharrten darauf, dass die am Montag veröffentlichten Ergebnisse einer internen Untersuchung der Vereinten Nationen ergeben hätten, dass neun UNRWA-Mitarbeiter nur »möglicherweise« an dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober beteiligt gewesen waren. Ein Sprecher des UN-Generalsekretärs stellte jedoch später klar, dass die Schlussfolgerungen endgültiger Natur seien.

Der ehemalige Kommunikationsdirektor des skandalumwitterten Palästinenser-Hilfswerks UNRWA Chris Gunness etwa twitterte am Montag, dass »die UN-Untersuchung die israelischen Behauptungen, UNRWA-Mitarbeiter seien in den Anschlag vom 7. Oktober verwickelt gewesen, für unbegründet erklärt hat. Die Anschuldigungen gegen mehr als die Hälfte wurden rundweg zurückgewiesen. Bei den wenigen verbleibenden [Mitarbeitern] sagt die UNO, dass es eine Beteiligung gegeben haben könnte, aber nicht, dass es eine gab.« 

Gunness nutzte dabei, wie andere auch, die offizielle Formulierung »möglicherweise«, um die Ergebnisse der UN-Untersuchung zu beschönigen. Doch Farhan Haq, der stellvertretende Sprecher des UN-Generalsekretärs António Guterres, räumte auf einer Pressekonferenz am Montag ein, dass die Untersuchungsergebnisse weitreichender waren. Auf die Frage, ob die neun genannten UNRWA-Mitarbeiter »wahrscheinlich oder höchstwahrscheinlich an den Anschlägen beteiligt« gewesen seien, antwortete Haq nämlich: »Ich denke, so kann man das treffend beschreiben.«

Wiederaufnahme der Finanzierung

Die Ermittler des UN-Büros für Interne Aufsicht (OIOS) hatten betont, dass sie die Anschuldigungen ohne eine umfassendere Weitergabe von Beweisen durch israelische Beamte nicht von unabhängiger Seite überprüfen oder bestätigen konnten, sodass ihre Formulierung Zweifel am Wahrheitsgehalt der Anschuldigungen aufkommen ließen.Dennoch gab die UNRWA bekannt, dass sie die neun fraglichen Mitarbeiter entlassen hat.

Haq sagte in Bezug auf neun weitere beschuldigte Mitarbeiter, für die keine ausreichenden Beweise vorlägen, ebenso wie in Bezug auf einen Mitarbeiter, für den laut OIOS keine Beweise vorgelegt worden seien, würden nun Folgeschritte unternommen werden. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Suspendierung dieser Mitarbeiter, sofern sie nicht mittlerweile verstorben sind, aufgehoben wird.

Mehrere israelische Beamte und Institutionen insistieren allerdings darauf, dass die neun »wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich« an dem Massaker beteiligten Mitarbeiter nur die Spitze des Eisbergs sind, da die Verbindungen zwischen der UNRWA und der Hamas sehr eng seien. 

Nachdem die Regierung von US-Präsident Biden aufgrund der israelischen Anschuldigungen im Januar die Finanzierung der UNRWA ausgesetzt hatte, kündigte sie an, den Abschluss der OIOS-Untersuchung abwarten zu wollen, um zu entscheiden, ob sie die Geldflüsse wieder aufnehmen wird. Zwischenzeitlich hat der Kongress jedoch parteiübergreifend ein Gesetz verabschiedet, das die Finanzierung der UNRWA bis mindestens März 2025 mit einer Sperre belegt. Weitere Gesetze könnten den Zeitraum verlängern, wenn sie von beiden Häusern, dem Abgeordnetenhaus und dem Senat, verabschiedet und von Präsident Biden unterzeichnet werden.

Fünfzehn weitere Länder, die die Finanzierung im Januar ebenfalls ausgesetzt hatten, haben sie inzwischen wieder aufgenommen, insbesondere nach der Veröffentlichung einer separaten Überprüfung der Neutralität und der Einstellungspraktiken der UNRWA. Kritiker erklärten jedoch, die Überprüfung, die zum Teil von europäischen Agenturen durchgeführt wurde, welche die UNRWA schon im Vorfeld von der Kritik freigesprochen hatten, sei Schönfärberei.

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